Hans-Heinrich Dieter

Agent Provocateur   (15.01.2022)

Die Gesprächsversuche dieser Woche zwischen den USA und Russland durch die Stellvertretende US-Außenministerin, Wendy Sherma, und einen der pöbelhaft auftretenden Stellvertreter Lawrows, Sergej Rjabkow, in Genf , im wiederbelebten NATO-Russlandrat in Brüssel und im Rahmen eines Treffens der OSZE in Wien haben zu keinen konkreten Ergebnissen geführt, keine Entspannung der aggressiven Kriegstreiberei des Neo-Stalinisten Putin erbracht, aber doch hoffentlich der westlichen Welt deutlich vor Augen geführt, welche Ziele Putin mit seiner erpresserischen Politik verfolgt. Putin hat sich vom Partner über den Gegner zu einem Feind der westlichen Wertegemeinschaft entwickelt. ER ist im wahrsten Sinne des Begriffs ein Agent Provocateur der schlimmeren Art!

Putin will die euro-asiatische Welt wieder in Interessenssphären aufgliedern, mit dem Großteil der ehemaligen Sowjetunion als Putin-Einflusssphäre! Und die Garantien, die Putin widersinnig von der NATO fordert, sind bereits in der Charta von Paris aus dem Jahr 1990 garantiert, denn dort ist festgeschrieben, dass die territoriale und politische Unabhängigkeit eines souveränen Staates unverletzlich sind – das gilt auch für Russland! Putin hat die Auflösung der Sowjetunion noch nicht verschmerzt, Putin hat Russland zu einer Wirtschaftsmacht in der Größenordnung Italiens heruntergewirtschaftet und steht innenpolitisch erheblich unter Druck, und dem kleinen Putin gefällt es nicht, dass er im Vergleich mit den USA und China als Regionalmacht einzuordnen ist. Darüber hinaus verweigert Putin die Aufarbeitung der Verbrechen der Stalinherrschaft und hat auch deswegen die Organisation „Memorial“ verbieten lassen. Als echter „Neo-Stalinist“ lässt er die Verherrlichung des bekannten Schwerverbrechers Stalin in Russland wieder zu. Diese eindeutig anti-demokratische, aggressive und gegen den Westen gerichtete Politik müsste eigentlich die deutschen links/rot/grünen „Putin-Versteher“ und “Putin-Pudel“, die Putin mit dem geldgierigen „Putin-Lakaien“ Schröder zusammen für einen „lupenreinen Demokraten“ halten, eines Besseren belehrt haben! Als liberal-konservativer politischer Beobachter bin ich aus Erfahrung allerdings skeptisch, dass Politiker - wie der windelweiche, lavierende und führungsschwache Scholz - bereit und in der Lage sein werden, der politischen Realität ins Auge zu schauen, sie zu verstehen und entsprechend zu handeln! Putin hat sich über lange Jahre durch Handel nicht positiv gewandelt, Putin will auch überhaupt nicht verhandeln, er will provokativ und aggressiv Forderungen stellen und tritt als politischer Erpresser auf – dieser Putin versteht nur politisch klare Kante!

Und nun legt Russland noch nach. Bei seiner Januar-Pressekonferenz fordert der russische Außenminister und Wadenbeißer Putins, Lawrow, von den Vereinigten Staaten und der NATO, „schriftliche Antworten“ auf ultimative Forderungen nach „Sicherheitsgarantien“. Man erwarte „auf jeden unserer Punkte eine Reaktion“ samt Begründung und möglichen Gegenvorschlägen. Nach Erhalt der Antworten werde klar, „ob es Sinn ergibt, die Verhandlungen zu erneuern“, sagte Lawrow. Wenn man also zu offenen, kontroversen Gesprächen nicht fähig ist, wenn man Argumente des Gegners in Gesprächen nicht kontern kann, muss man sich die „feindlichen“ Begründungen und möglichen Gegenvorschläge schriftlich „vorlegen“ lassen. Russland will nicht verhandeln und weiß genau, dass der Westen diese Forderungen nicht erfüllen kann und wird. Denn den absurden Putin-Forderungen zu entsprechen, käme einer Selbstaufgabe der NATO und einem Rückzug der USA aus Europa gleich.

Der NATO-Generalsekretär hat deswegen deutlich und unmissverständlich erklärt, dass das transatlantische Militärbündnis die Ukraine auf dem Weg zur Nato-Mitgliedschaft weiter unterstützen wird. Kiew sei souverän und habe freie Bündniswahl und das Recht, sich zu verteidigen - die NATO werde der ukrainischen Regierung dabei helfen. Stoltenberg bekräftigte außerdem, dass ein möglicher russischer Angriff auf die Ukraine einen sehr hohen Preis hätte. Und einen Verzicht auf jede NATO-Erweiterung und jede militärische Aktivität in Osteuropa, dem Kaukasus und Zentralasien werde es nicht geben, denn die NATO unterstütze die souveränen NATO-Mitglieder, die sich durch Russland bedroht sehen weiterhin.

Auch die stellvertretende US-Außenministerin, Wendy Sherma, hat die weitere Unterstützung der Ukraine bekräftigt und zum Ausdruck gebracht, dass über die Zukunft souveräner Staaten nicht über deren Köpfe verhandelt werden kann und dass bei Fragen über Krieg und Frieden in Europa die Europäische Union zu beteiligen ist. Auch die USA haben mit scharfen Sanktionen gedroht.

Die EU hat zurecht beklagt, dass sie bei den Gesprächen zwischen den USA und Russland nicht eingebunden war. Aber die EU hatte natürlich ausreichend Gelegenheit sich über die 28 europäischen NATO-Mitglieder einzubringen und sie war natürlich im Rahmen der OSZE-Gespräche eingebunden. Putin ist aber an Verhandlungen mit der EU nicht wirklich interessiert, weil er die EU als Gegner nicht ernst nimmt. Umso wichtiger ist es, dass die EU noch enger mit der NATO als handlungsfähiges Team vernetzter Außen- und Sicherheitspolitik zusammenarbeitet!

Und die NATO hat in Brest sowohl ein Treffen der EU-Verteidigungsminister als auch der EU-Außenminister abgehalten. Die Beschlüsse über technische Unterstützungen der Ukraine bei russischen Aggressionen und über deutlich verschärfte Wirtschafts- und Finanzsanktionen wurden einstimmig gefasst – eine wirkliche Seltenheit in der zerstrittenen und gespaltenen Union. Da kann man nur hoffen, dass solche Signale von „politisch klarer Kante“ nicht schnell wieder zerbröseln!

Der Westen setzt auf weiteren Dialog und auf mögliche Deeskalation. Dazu will man ggf. über Rüstungsbegrenzungen z.B. von Mittelstreckenraketen und auch über die Wiederbelebung von „Open Skies“ reden, auch um die verschlammten „Gesprächskanäle“ offenzuhalten – der Ausgang der Bemühungen ist offen.

Ein Krieg in Europa wird aber wohl zu verhindern sein, denn Putin weiß natürlich besser als alle anderen, dass Russland einen größeren militärischen Konflikt, der nicht drei Tage, sondern vielleicht drei Wochen oder drei Monate oder länger andauern würde, ökonomisch nicht durchhält. Wenn der Westen „politisch klare Kante“ gemeinsam durchhält, wird Putin erkennen, dass er sich im Netz seiner roten Linien verheddert hat und er wird versuchen, propaganda- und lügengestützt möglichst ohne zu großen Gesichtsverlust aus der Misere herauszukommen. Dabei sollte der Westen diplomatisch behilflich sein, ohne die eigenen Prinzipien und Grundsätze zu verletzen!

Für Europa und die transatlantische Verteidigungsgemeinschaft ist es grundlegend und wichtig, dass das Selbstbestimmungsrecht souveräner Staaten über ihr Schicksal und ihre Zukunft nicht verhandelbar ist. Das hat der lupenreine Kommunist und Autokrat Putin, der die ehemaligen Sowjetrepubliken immer noch für abhängige Vasallenstaaten hält, noch nicht verstanden. Wir sollten weiter versuchen, ihm das am Beispiel der Souveränität von Schweden und Finnland deutlich zu machen. Russland strebt die fortdauernde „Neutralität“ der beiden Staaten an. Schweden und Finnland haben als Reaktion auf die völkerrechtswidrigen russischen Forderungen bekräftigt, dass sie sich die Option eines Beitritts zur NATO offenhalten. Und schon jetzt stimmen sich Finnland und Schweden mit der NATO eng ab und haben als Reaktion auf die Krim-Annexion mit dem Bündnis Verträge abgeschlossen, die es der NATO erlauben, Truppen auf ihren Gebieten zu stationieren. Diese Realitäten sollte Putin zur Kenntnis nehmen und berücksichtigen.

Vielleicht kann ja der Besuch der deutschen Außenministerin am kommenden Dienstag in Moskau zur weiteren Aufklärung über die gemeinsame Haltung der NATO und der EU gegenüber der aggressiven Kriegstreiberei und Erpressung Russlands beitragen und dem autokratischen Regionalmachthaber klarmachen, dass sich seine völkerrechtswidrigen Machenschaften gegenüber der Ukraine seit der Annexion der Krim 2014 nicht mit der Freischaltung von Nordstream 2 in Einklang bringen lassen! Da wird Frau Baerbock die ehrlichere und europäischere Gesprächspartnerin sein als die außenpolitische Lusche Scholz!

(15.01.2022)

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