Hans-Heinrich Dieter

 

Antifriedenspolitik mit bodenloser Arroganz   (03.12.2012)

 

Unglaublich! Auf die Entscheidung der weit überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten (immerhin 138 der 193) der Vereinten Nationen, den Palästinensern einen aufgewerteten Beobachterstatus als Nicht-Mitgliedstaat zuzubilligen, reagiert Israel mit der Entscheidung, 3.000 neue Wohnungen im Westjordanland zu bauen, und es will außerdem Steuergelder der Palästinenser in Höhe von umgerechnet etwa 100 Millionen Euro einbehalten.

Israel sendet damit gleich mehrere Botschaften an die Staatengemeinschaft und die Palästinenser. Israel macht deutlich, dass es Mehrheitsentscheidungen der Vereinten Nationen nicht wirklich respektiert. Israel zeigt der Weltöffentlichkeit, dass es an der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen nicht interessiert ist. Israel dokumentiert, dass es bereit ist, die Rechte der Palästinenser weiterhin auch mit Füßen zu treten, wenn es vermeintlich den eigenen Interessen dient. Mit dieser Politik zeigt die derzeitige politische Führung Israels den USA, dass sie der nibelungentreuen Unterstützung durch Amerika und die starke jüdische Lobby nicht wert ist. Israel signalisiert den gemäßigten Palästinensern, dass es kein friedensorientierter Verhandlungspartner ist. Netanjahu/Lieberman bestärken die fatale Auffassung der Hamas, dass Terror die einzige wirkungsvolle Antwort auf israelische Politik zu sein scheint. Der verbrecherische Terror der Hamas ist zu verurteilen und israelische Gegenmaßnahmen zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit sind gerechtfertigt, solche Revanche-Politik treibt aber geradezu chancenlose, enttäuschte und hoffnungslose Palästinenser in die Ausbildungslager der Hamas. Israel trägt mit dieser Politik durchaus einen Teil Schuld an der Popularität der Terroristen.

Großbritannien und Frankreich reagieren richtig und bestellen die jeweiligen israelischen Botschafter ein, um sich Ziele, Sinn und Zweck dieser israelischen „Strafaktionspolitik“ erläutern zu lassen. Deutschland ist aus falsch verstandener Rücksicht auch gegenüber schlechter israelischer Politik leider zu wenig souverän für solches geradliniges politisches Handeln.

Es ist an der Zeit, dass Präsident Obama sich von Netanjahu nicht länger in der Manege herumführen lässt, konsequent eine Politik macht, die eine Zwei-Staaten-Lösung fördert, und Israel die Unterstützung immer dann entzieht, wenn Israel diese Lösung torpediert. Und es ist an der Zeit, dass die Europäische Union in der Nah-Ost-Politik zu einer gemeinsamen Haltung findet und die dann auch konsequent gemeinsam vertritt. Eine zuvorkommende, stets rücksichtsvolle und nachsichtige Politik gegenüber Netanjahu/Lieberman unterstützt eine antifriedensorientierte israelische Haltung und zunehmend radikale Forderungen und Verhaltensweisen israelischer Siedler. Dem sollte die deutsche Politik keinen Vorschub leisten.

Erst wenn die israelische Öffentlichkeit erkennt, dass die derzeitige israelische Politik das Land immer mehr isoliert, dem Frieden im Nahen Osten zunehmend schadet und auch Antisemitismus fördert, wird sich die israelische Bevölkerung bei der nächsten Wahl hoffentlich für eine gemäßigte und friedensorientierte parlamentarische Mehrheit und Regierung entscheiden.

Sollten sich die politischen Verhältnisse in Israel nicht ändern und das Land bei seiner konfliktförderlichen Politik mit provozierendem Siedlungsbau bleiben, ist zu erwarten, dass die Palästinenser Israel vor den Internationalen Gerichtshof bringen. Dafür müsste man dann sogar Verständnis aufbringen.

(03.12.2012)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte