Hans-Heinrich Dieter

Aufrüstungsspirale   (21.02.2017)

 

Auch wenn Unsicherheiten wegen der zukünftigen Außenpolitik der USA - insbesondere auch im Hinblick auf das US-Engagement im Nahen und Mittleren Osten - bleiben, hat der US-Präsident sehr deutlich klar machen lassen, dass er zu NATO und EU steht, aber die Mehrheit der europäischen NATO-Staaten mehr in die gemeinsame Gewährleistung der Sicherheit der westlichen Welt investieren müssen. Während Kanzlerin Merkel und Verteidigungsministerin von der Leyen Verständnis für die Forderung der USA zeigen, warnt Außenminister Gabriel vor einer „Aufrüstungsspirale“. Gabriel ist halt ein typischer sozialdemokratischer Putin-Freund und Realitätsverweigerer wie sein Vorgänger Steinmeier, der die Umsetzung von NATO-Beschlüssen als „Säbelrasseln“ und die militärischen Manöver von mehr als 30.000 Soldaten aus 24 Bündnisstaaten 2016 in Osteuropa in krassem Gegensatz zur Sicherheitspolitik Deutschlands als „Kriegsgeheul“ verunglimpft hat.

Man gewinnt manchmal den Eindruck, dass SPD-Politiker die meist mitgestaltete Politik nicht aufmerksam genug wahrnehmen. Seit 2002 ist in der NATO das Ziel festgeschrieben, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung eines Staates für die Verteidigung auszugeben. 2014 wurde die Vereinbarung in Wales gemeinsam bekräftigt und auf dem NATO-Gipfel 2016 in Warschau wurde gemeinsam beschlossen, diesen Wert bis 2024 allmählich erreichen zu wollen. Eine Überraschung ist diese berechtigte US-Forderung auch schon deswegen nicht, weil bereits Präsident Obama bei seinen letzten Europa-Besuchen höflich um mehr Engagement bei den Verteidigungsinvestitionen gebeten hatte. Deutsche Investitionen liegen bei einem Wehretat von 37 Milliarden Euro aktuell bei blamablen 1.22 Prozent des BIP.

Es geht also darum, dass Deutschland - wie viele andere NATO-Mitglieder auch - gemeinsame Verpflichtungen nur unzureichend erfüllt hat. Wenn man gleichzeitig zur Kenntnis nimmt, dass die Bundeswehr durch jahrelange Unterfinanzierung durch die verantwortliche Politik zum „Sanierungsfall“ kaputtgespart wurde und die Streitkräfte nach unwidersprochener Aussage des Bundeswehrverbandes derzeit grundsätzlich „am tiefsten Punkt sind, was Einsatzbereitschaft anbelangt, seit 1990.“, dann weiß man, dass es nicht um eine „Aufrüstungsspirale“ geht, sondern zunächst einmal darum, den „riesigen Investitionsbedarf“ der Bundeswehr zu decken und die eklatanten Mängel in den Bereichen Material, Personal, Infrastruktur zu beseitigen sowie die unzureichende Einsatzfähigkeit der Streitkräfte langsam wiederherzustellen. Nur so können die Streitkräfte den wachsenden Anforderungen, die die Politik mehr denn je an die Bundeswehr stellt, gerecht werden. Dieser „riesige Investitionsbedarf“ beträgt nach Berechnungen von der Leyens in den nächsten zehn Jahren 130 Milliarden Euro. Dazu muss der Verteidigungshaushalt deutlich stärker anwachsen als für 2017 entschieden.

Wer unter diesen Rahmenbedingungen ideologieschwanger vor einer „Aufrüstungsspirale“ warnt, macht sich zum Propagandasprachrohr und damit zum „nützlichen Idioten“ Putins und gleichzeitig sehr deutlich, dass er die sicherheitspolitische Verantwortung der Politik für die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zur Gewährleistung der Sicherheit Deutschlands nie verstanden hat. Ein solcher Politiker ist ungeeignet für das Amt des deutschen Außenministers, der ja für vernetzte Sicherheitspolitik federführend zuständig ist. Mit seiner Einstellung wird Gabriel genau wie sein Vorgänger Steinmeier dieser Verantwortung nicht gerecht werden können - oder wollen.

Seit der Münchner Sicherheitskonferenz 2013 wissen wir, dass Deutschland - sehr vollmundig - mehr Verantwortung für die Sicherheit Europas und der Welt übernehmen wollte. Dazu gehört, dass man über wirklich einsatzfähige Streitkräfte, mit genug qualifiziertem Personal und Material auf dem Stand der Technik verfügt. Davon ist Deutschland noch ziemlich weit entfernt und muss deswegen endlich anfangen, der großspurigen Vollmundigkeit Taten folgen zu lassen. Das bedingt einen allmählichen aber deutlichen Aufwuchs des Wehretats mit dem Ziel 2 Prozent am BIP im Jahr 2024.

(21.02.2017)

 

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