Hans-Heinrich Dieter

Beschämende Opposition   (12.07.2015)

 

Der US-Geheimdienst NSA hat Wikileaks zufolge über Jahrzehnte hinweg das Bundeskanzleramt ausspioniert. Demnach war nicht nur das Umfeld von Kanzlerin Merkel betroffen, sondern auch das ihrer Vorgänger Schröder und Kohl. Welche bahnbrechende Enthüllung des mutmaßlichen Sexualstraftäters Assange, der sich bisher der Justiz entzieht, und des ominösen Rechercheverbundes investigativer Journalisten unbekannter Qualität von WDR, NDR und SZ! Man fragt sich schon, warum solche banalen, nicht bewiesenen, möglicherweise gefälschten „Feststellungen“, immer stückchenweise und irgendwie ein wenig passend zu den mühsamen Arbeitsschritten des NSA-Untersuchungsausschusses „herausgelassen“ werden. Der Journalismus braucht offensichtlich immer wieder auch kleine Aufreger, die sich aufblasen lassen und Skandalisierung von „Berichterstattung“ ermöglichen. Und die Opposition braucht – angesichts eines eklatanten Mangels an glaubwürdigen Politikinhalten - immer wieder Anlässe zu Angriffen auf die Regierungskoalition. So meint der grüne Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, von Notz, der ganz offensichtlich versucht, in die nun verwaiste „Pop-Star-Rolle“ von Varoufakis zu schlüpfen, das Verhalten von Kanzlerin Merkel sei beschämend. Sie würde im Wochentakt von Wikileaks und Journalisten vorgeführt, sie verweigere sich der Öffentlichkeit und hintertreibe die Bemühungen des Parlamentes um Aufklärung. Konkreter wird der „Lautsprecher“ nicht. Wie auch, er weiß ja nichts Genaues und wie viele Journalisten spekuliert, unterstellt, mutmaßt und verleumdet auch er. Das ist für mich beschämendes Verhalten. So werden die Medien das Vertrauen, das 60 % der Deutschen einer Studie im Auftrag der "Zeit" zufolge in die politische Berichterstattung verloren haben, nicht zurückgewinnen können.

Wie naiv müssen Journalisten und Politiker sein, die glauben, dass Nachrichtendienste von Partnern bei ihren Partnern keine Informationsinteressen haben? Am Beispiel Schröder lässt sich das gut aufzeigen. Der damalige deutsche Kanzler hat beim zweiten Irak-Krieg – aus deutscher Sicht berechtigt – aus Sicht der USA der Koalition der Willigen die Solidarität verweigert. Deutschland hat außerdem zu Russland immer eine besondere Beziehung gepflegt. Die USA müssen daher ein besonderes Interesse daran haben, möglichst genau und umfassend zu wissen, wie vertrauenswürdig der deutsche Partner tatsächlich ist. Da Deutschland außerdem keiner definierten außen- und sicherheitspolitischen Zielsetzung folgt und keine strategischen Konzepte hat, wollen die USA natürlich wissen, welche nächsten Teilschritte Deutschland plant. Wenn dann ein offenbar geldgieriger Ex-Kanzler sich zum Putin-Jünger erniedrigt und als Lobbyist seine deutschen Kontakt nutzt, um Putins Interessen zu befriedigen, dann ist das eine ganz eigene Art von sozialdemokratischem „Wandel durch Handel“ –Verhalten, an dem sogar der BND ein legitimes und legales Interesse haben könnte. Das Aufklärungsinteresse der NSA gegenüber dem Kanzleramt ist also gängige nachrichtendienstliche Praxis, die allerdings auf geltenden Gesetzen fußen muss. Und wenn die Beamten des BND in den deutschen Botschaften bei befeundeten und Partner-Ländern keine möglichst umfassende nachrichtendienstliche Aufklärung im Interesse Deutschlands betreiben, dann sind sie ihr Geld nicht wert und sollten abgezogen werden.

Wenn man sich dann das Wort der Kanzlerin, dass Aufklärung unter Freunden und Partner gar nicht geht, etwas genauer vor Augen führt, dann wird sehr schnell klar, dass die Aussage falsch oder zumindest unrealistisch ist. In Friedensdividendenzeiten hat die westliche Welt mit Russland partnerschaftlich zusammengearbeitet. Das hat Russland nicht abgehalten, den Partner Deutschland massiv auszuspionieren. Mit China hat Deutschland sehr enge und weitgehende Beziehungen als Wirtschaftspartner. Das hält China nicht davon ab, in Deutschland und unter Nutzung der Geschäftsbeziehungen mit deutschen Wirtschaftsunternehmen, zum Nachteil der deutschen Volkswirtschaft, massive Wirtschaftsspionage zu betreiben. Jeder Staat wird eben von seinen Interessen geleitet und wird versuchen, zum Wohle seiner Bevölkerung, seiner Gesellschaft oder seines Systems den diesbezüglichen Informationsbedarf zu decken. An politischen Realitäten orientierter gesunder Menschenverstand kann das ohne Probleme nachvollziehen.

Gesunden Menschenverstand sollten wir auch in nachrichtendienstlichen Angelegenheiten nutzen. Wenn Rechtsverstöße nachgewiesen werden, dann müssen die Straftäter zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn bei eigenen Diensten Fehler oder Gesetzesverstöße offenbar werden, dann muss dienstlich und rechtlich abgeholfen werden, durch die entsprechenden Gremien oder mit diplomatischen Mitteln und nicht öffentlich in Gossengesprächen. Vor allem aber müssen wir selbst unsere Interessen besser und professioneller wahrnehmen indem wir unseren Verfassungsschutz stärken und unsere Spionageabwehr verbessern. Das beginnt mit der vermeintlichen Kleinigkeit, dass Politiker dienstlich nicht über private Handys kommunizieren sondern über gesicherte Handys und Leitungen.

Im Zusammenhang mit der sogenannten NSA-Affäre schürt die deutsche parlamentarische Opposition in beschämender und auf unverantwortliche Weise den Antiamerikanismus in Deutschland. Die Grünen handeln aufgrund Selbstdarstellungsdrang und politischen Unvermögens. Die Linke agitiert mit politischer Absicht, denn denen stehen der Partner Putin und ihre Ex-Stasi-Wähler und -Kollegen näher als das Wohl Deutschlands.

(12.07.2015)

 

 

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