Hans-Heinrich Dieter

Bewaffnetes THW mit SanitĂ€tern?   (19.06.2014)

 

Die MĂŒnchner Sicherheitskonferenz ist ein wichtiges sicherheitspolitisches Forum. Verteidigungsministerin von der Leyen hat ihren Auftritt vor internationalen Fachleuten und Entscheidern sichtlich genossen und mit BundesprĂ€sident Gauck und Außenminister Steinmeier zusammen Deutschlands zukĂŒnftig verstĂ€rkte Wahrnehmung weltweiter sicherheitspolitischer Verantwortung verkĂŒndet - und große Erwartungen geweckt. Deswegen wird die Verteidigungsministerin in dieser Legislaturperiode von europĂ€ischen und internationalen Partnern an ihren Worten gemessen werden – und dann wird Deutschland im Hinblick auf die geweckten Erwartungen möglicherweise als zu leicht befunden, weil die politischen Voraussetzungen und die militĂ€rischen FĂ€higkeiten fĂŒr ein stĂ€rkeres internationales Engagement noch nicht hinreichend geschaffen sind.

Bei der Tagung der NATO-Verteidigungsminister Anfang Juni in BrĂŒssel war Frau von der Leyen schon sehr viel zurĂŒckhaltender. Im Zusammenhang mit der UnterstĂŒtzung Polens und der baltischen Staaten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt zeigte sich die Verteidigungsministerin nur zu kleinsten UnterstĂŒtzungsmaßnahmen bereit. Geradezu harsch reagierte sie dann auf durchaus berechtigte Forderungen des NATO-GeneralsekretĂ€rs nach VerstĂ€rkung der Verteidigungsanstrengungen der Mitgliedstaaten. Nicht die QuantitĂ€t sondern die QualitĂ€t der deutschen Anstrengungen sei entscheidend. Polen und die baltischen Staaten haben ein wenig Vertrauen in Deutschland verloren.

Nun reiste die Verteidigungsministerin zum Antrittsbesuch in die USA. Da gibt es Möglichkeiten zu großer BĂŒhne und so hat sie Zeit mitgebracht. Erste Station waren die Vereinten Nationen in NewYork.

Dort hat der stellvertretende UN-GeneralsekretĂ€r Jan Eliasson Frau von der Leyen um ein stĂ€rkeres deutsches Engagement bei den UN-Friedensmissionen gebeten, denn durch das Ende von ISAF in Afghanistan wĂŒrden ja Truppen frei und Deutschland ist ja zur Zeit lediglich mit rund 250 Soldaten an sechs der 17 sogenannten Peacekeeping-Missionen der Vereinten Nationen beteiligt, die insgesamt weit ĂŒber 100.000 Soldaten, Polizisten und MilitĂ€rexperten umfassen. Die Ministerin sagt PrĂŒfung zu. Dabei gehe es aber vor allem um technologische FĂ€higkeiten, etwa beim Lufttransport, und um die Leitung von Missionen sowie um sanitĂ€tsdienstliches und pioniertechnisches Engagement. Deutschland verfĂŒge ĂŒber SchlĂŒsselkapazitĂ€ten und FĂ€higkeiten, die andere Nationen nicht hĂ€tten. NatĂŒrlich geht es nicht um Kampftruppen und noch nicht um konkrete Missionen.

Bei Galadinners und Podiumsdiskussionen in NewYork machen es altgediente und kenntnisreiche sicherheitspolitische Insider der Ministerin offensichtlich nicht leicht. Henry Kissinger bringt es kurz und bĂŒndig auf den Punkt. Die Bedeutung der Bundesrepublik wachse mit jedem Jahrzehnt, deshalb gelte: "Deutschland ist verdammt, eine wichtige Rolle zu spielen." Und die Diskussion darĂŒber, wie diese Rolle aussehe, sei eben "nicht zu vermeiden". NatĂŒrlich denkt Kissinger an gewichtige Rollen Deutschlands bei kostspieligen und naturgemĂ€ĂŸ gefĂ€hrlichen MilitĂ€roperationen. Frau von der Leyen redet da blumiger und sehr zurĂŒckhaltend, denn es gehe in Krisen immer um einen vernetzten Ansatz, um Diplomatie, wirtschaftliche und administrative Entwicklungshilfe. Soldaten könnten lediglich in "sehr speziellen Situationen"...eine Option sein.

In ihren GesprĂ€chen in Washington mit Mitgliedern der VerteidigungsausschĂŒsse von Senat und ReprĂ€sentantenhaus musste von der Leyen auch die aus Sicht der Amerikaner zögerliche Sanktionspolitik der EuropĂ€ischen Union gegenĂŒber Russland im Ukraine-Konflikt erlĂ€utern. Und sie bekam den bekannten Unmut ĂŒber den europĂ€ischen Beitrag zur Nato zu hören. Gerade mit Blick auf die Ukraine-Krise erinnern die Amerikaner wieder daran, dass Deutschland mit Investitionen von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Verteidigungshaushalt deutlich unter dem Nato-Ziel von zwei Prozent liegt.

Von der Leyen hĂ€lt diese aus dem Jahr 1997 datierende Selbstverpflichtung fĂŒr ĂŒberholt. Ja, sagte sie in ihrer Rede vor dem Atlantic Council, "wir EuropĂ€er mĂŒssen unsere FĂ€higkeiten innerhalb der Allianz weiter verbessern". Das gelte auch fĂŒr Deutschland und die Bundeswehr. Aber dabei gehe es nicht nur um die Frage, "wie viel Geld wir ausgeben. Sondern eher darum, wie wir es ausgeben und wofĂŒr." Dabei sieht sie Deutschland offenbar hauptsĂ€chlich als Lieferanten von speziellen FĂ€higkeiten wie Lufttransport, SanitĂ€t, Ausbildung oder Kommunikation und nur "in ganz seltenen FĂ€llen" an MilitĂ€roperationen beteiligt. Das klingt in den Ohren von Amerikanern nicht nach einer zukĂŒnftig verstĂ€rkten deutschen Wahrnehmung weltweiter sicherheitspolitischer Verantwortung, sondern eher nach dem Versuch, sich weiterhin vor militĂ€rischem Engagement ein wenig zu drĂŒcken.

Heute traf von der Leyen in Washington auf den amerikanischen Verteidigungsminister Chuck Hagel. Wie erwartet hat ihr Amtskollege eine grĂ¶ĂŸere deutsche Verantwortung einfordert. Denn seit Jahren dringen die USA darauf, dass die Bundesrepublik ihre Ausgaben fĂŒr Verteidigung erhöht und in der Nato grĂ¶ĂŸere finanzielle Lasten ĂŒbernimmt und diese Gelegenheit ist gĂŒnstig. Und wie seine Kollegen aus dem Kongress braucht er nur daran zu erinnern, dass Deutschland mit Investitionen von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Verteidigungshaushalt deutlich unter dem Nato-Ziel von zwei Prozent liegt. Die Stellungnahme von der Leyens zu dieser Problematik ist in den vier Tagen USA schon mehrfach gegeben worden. Chuck Hagel wĂŒnscht sich Deutschland als Partner, der international mehr Verantwortung ĂŒbernimmt und den USA, die ihrer Rolle als weltweit agierender sicherheitspolitischer Hauptakteur mĂŒde sind, Arbeit und auch finanzielle Last abnimmt. VerstĂ€rktes deutsches Engagement bei UN-Friedensmissionen erfĂŒllen da die geweckten Erwartungen nur minimal.

Frau von der Leyen hat mittlerweile erkannt, dass ihre Äußerungen als Verteidigungsministerin in Deutschland kontrovers diskutiert werden und international Erwartungen wecken Die Welt nimmt sie beim Wort und Deutschland in die Verantwortung. Von der deutschen Verteidigungsministerin werden nicht blumige auf Peacekeeping orientierte SĂ€tze, sondern zukunftsorientierte und an der sicherheitspolitischen Lage ausgerichtete Taten erwartet.

Wenn die Ministerin ihre zum Ausdruck kommende Fokussierung auf eine Bundeswehr als zur Selbstverteidigung bewaffnetes THW mit Pionier- und SanitĂ€tsunterstĂŒtzung aufgibt, sich endlich sicherheitspolitisch stĂ€rker in die Diskussion einbringt und ohne Verzug und mit messbaren Erfolgen daran arbeitet, die Bundeswehr konzeptionskonform einsatztauglicher und schlagkrĂ€ftiger zu machen - und dazu gehören auch AufklĂ€rungs- und Kampf-Drohnen - dann wĂ€ren das Taten genug. Aber auch das ist leichter gesagt als getan!

(19.06.2014)

 

 

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