Hans-Heinrich Dieter

Blockierte EU   (03.07.2019)

 

Die Europäische Union, und damit auch Europa, ist in einem bedauernswerten, ja geradezu mitleiderregenden Zustand. Die Finanzkrise ist nicht überwunden, die Staatsverschuldung ist in den meisten Mitgliedstaaten nicht im Griff, die massiven Strukturprobleme der meisten EU-Staaten sind nicht oder nur unzureichend behoben und die Flüchtlingsproblematik spaltet Europa nachhaltig. Die Europäische Union hat massiv an Ansehen verloren und wird als Partner in der Weltpolitik wenig ernst genommen.

Die Ursachen für den Ansehensverlust findet die Europäische Union leicht bei sich selbst. Die EU ist eine strukturschwache Gemeinschaft von 28 mehr oder weniger egoistischen Nationalstaaten. Das Konsensprinzip führt dazu, dass Entscheidungen nur auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners getroffen werden. Solche Entscheidungen entwickeln naturgemäß nur eingeschränkte politische Schlagkraft. Wenn die Staaten Europas sich in unserer globalisierten Welt auf der Grundlage unserer gemeinsamen Werte in Krisen stabilisierend einbringen wollen, dann geht das mit Aussicht auf Erfolg nur gemeinsam. Diese gemeinsame EU-Politik gibt es aber genauso wenig wie eine gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik, weil der Wille zu gemeinsamer Politik stark zu wünschen übriglässt und die EU-Struktur effektive Machtausübung der Gemeinschaft verhindert.

Nun hat die EU nicht nur in der globalen Politik massiv an Ansehen verloren, sie hat mit dem unwürdigen „Personalgeschacher“ und mit ihrer „Hinterzimmermauschelei“ auch die europäischen Bürger verärgert und Vertrauen verloren. Und die Kommission hat mit ihrem Personalvorschlag, der die Spitzenkandidaten nur unzureichend berücksichtigt, und mit ihrer Nominierung von der Leyens als Kommissionspräsidentin die EU in ein institutionelles Dilemma manövriert. Denn eine Mehrheit im Parlament ist auch aufgrund des massiven Widerstandes der Sozialisten – allen voran die deutschen Sozialdemokraten – bei weitem nicht gesichert. Und eine Ablehnung des Personalvorschlages des europäischen Rates würde die EU nachhaltig blockieren.

Und eine Ablehnung von der Leyens wäre ja nicht unbegründet. Von der Leyen hat sich nie öffentlich für einen Posten in der EU interessiert oder beworben. Sie hat keinerlei europapolitische Erfahrung. Sie ist der personalisierte „kleinste gemeinsame Nenner“ und sie ist eine leistungsschwache und in Berater-Affären verstrickte Verteidigungsministerin, die den „Sanierungsfall Bundeswehr“ in den schlechtesten Zustand seit der Wiedervereinigung versetzt hat. Kurz: Von der Leyen ist eine schlechte Kompromisskandidatin aus dem Hinterzimmer. Eine Notlösung fördert aber noch keinen Neustart!

Denn Europa muss sich nun entscheiden was es wirklich will. Und die EU muss sich reformieren und weiterentwickeln von einer friedensstiftenden Nachkriegs-Wirtschaftsunion zu einem international handlungsfähigen außen- und sicherheitspolitischen Akteur mit leistungsfähigen politischen Instrumenten, die sie auf der Grundlage einer Gesamtstrategie zur Wirkung bringen kann. Die Fußstapfen, die der schwache Juncker hinterlässt, sind relativ klein. Auch deswegen sind die Herausforderungen, die die EU jetzt dringend bewältigen muss, sehr groß.

Die „Notlösung“ und wenig durchsetzungsfähige von der Leyen „von Merkels Gnaden“ erzeugt da mehr Zweifel als das nötige Vertrauen!

(03.07.2019)

 

Bei weitergehendem Interesse an der Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/machtloseeu.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/desolateeu.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/eu-jetztaberrichtig.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/vollmundigevdl.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/2031einsatzfaehig.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/erfolgloseverteidigungsministe.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/kritikanderibuk.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/postfaktischemerkel.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/konzeptionslos.html

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte