Hans-Heinrich Dieter

Britischer Alleingang?   (13.03.2013)

 

Großbritannien will entgegen der bisherigen EU-Politik möglicherweise Waffen an die syrische Opposition liefern. David Cameron hofft zwar, die europäischen Partner von der Notwendigkeit von Waffenlieferungen überzeugen zu können, aber „Wenn wir das nicht schaffen, ist es nicht undenkbar, dass wir die Dinge auf unsere Art machen müssen“ meinte er zu Beginn der Woche. Die Europäische Union ist ein unbedeutender Akteur auf der politischen Welt-Bühne und hat Erfahrung mit nationalistischen Interessen und Alleingängen ihrer Mitglieder. Die EU wird ein unbedeutender außen- und sicherheitspolitischer Akteur bleiben, wenn es nicht gelingt, Alleingänge zu unterbinden.

Bisher hat die EU beschlossen, dass „nicht tödliche“ Ausrüstungsgegenstände an die Opposition verkauft und geliefert werden dürfen, wenn sie dem Schutz der Zivilbevölkerung dienen und die EU hat auch die „technische Unterstützung“ der oppositionellen Nationalen Syrischen Koalition erlaubt. Auch das bedeutet Eingreifen in einen Bürgerkrieg, aber immerhin ist das definierte Ziel „Schutz der Zivilbevölkerung“.

Die syrische „Opposition“ ist immer noch ein zerstrittenes Gemenge aus über 50 Gruppierungen ohne eine von allen Aufständischen anerkannte Führung, ohne gemeinsames Ziel, ohne Strategie und gemeinsame Vorstellungen über die Zukunft Syriens. Die Opposition hat ihre "Verstärkung" durch Al Kaida und Hamas zugelassen und ist inzwischen auch durch andere radikal-islamistische Gruppierungen unterwandert. Und es gibt durchaus viele Menschen in Syrien, die eine tiefsitzende Angst vor einer Zeit nach Assad haben, wie z.B. die Schiiten, die Alawiten und die christliche Minderheit. Deswegen muss man sich bei möglichen Lieferungen lethaler Waffen immer folgende Fragen stellen: wie groß ist die Gefahr, dass diese Waffen in die Hände von Terroristen und Islamisten gelangen, wer genau wird ggf. im syrischen Bürgerkrieg auch gegen andere Teile der syrischen Bevölkerung bewaffnet  und  wie kann verhindert werden, dass solche Waffenlieferungen den Bürgerkrieg eher anheizen und verlängern und so das Leiden der Bevölkerung - verursacht durch beide Bürgerkriegsparteien - noch vergrößern? Die bisherige Zurückhaltung der EU und auch der NATO sind wohl begründet.

Israel hat sich bisher – abgesehen von einem Luftangriff Ende Januar gegen einen Konvoi in der Nähe von Damaskus - weitgehend, wachsam abwartend, zurückgehalten. Israel befürchtet allerdings eine Machtübernahme durch radikale Islamisten in Syrien. Außerdem ist der syrische Golan von Israel immer noch besetzt, israelische Analysten warnen vor einer zweiten syrischen Front gegen Israel und deswegen wurde von Israel auch die Gefahr durch einen möglichen Einsatz chemischer Waffen Syriens ins politische Spiel gebracht. Dabei geht wohl die größte Gefahr in diesem Zusammenhang davon aus, dass kriminelle und islamistische Teile der Opposition, Al Kaida, die Hamas oder die libanesische Hisbollah in Besitz chemischer Waffen geraten, möglicherweise unter Anwendung von lethalen Waffen, die auch teilweise die westliche Welt, vom CIA organisiert, inzwischen der Opposition unter der Hand zukommen lässt. Israel ist also aus nachvollziehbaren Gründen gegen Waffenlieferungen an die Opposition.

Auch deswegen hat der israelische Präsident Shimon Peres jetzt vor dem EU Parlament eine von den Vereinten Nationen zu beschließende Intervention einer Blauhelmtruppe der Arabischen Liga in Syrien gefordert. Peres meint, die Arabische Liga könnte und müsste eine Übergangsregierung bilden, um den syrischen Bürgerkrieg zu beenden. Das klingt zunächst weitaus sinnvoller als ein britischer Alleingang.

Allerdings lehnen Russland und China eine Intervention jeglicher Art in Syrien bisher ab. Und die Arabische Liga hat sich bisher als unfähig erwiesen, in dem Konflikt mäßigend einzugreifen. Auch die Arabische Liga ist zerstritten und die unterschiedlichen Lager verfolgen ihre eigenen Macht-Interessen abseits von Überlegungen zum zukünftigen Wohl des syrischen Volkes. Dem autokratisch regierten Qatar sowie der Diktatur in Saudi Arabien geht es sicherlich nicht um ein demokratisches Syrien.

Der Vorschlag von Präsident Peres geht aber in die richtige Richtung. Der syrische Bürgerkrieg ist zunehmend ein Krieg verfeindeter arabischer ethnischer und religiöser Gruppen unter massiver Einflussnahme von nicht-syrischen islamistischen Terrorgruppierungen. Dieses sehr arabische Problem kann nur durch eine Kraftanstrengung der arabischen Welt gelöst werden. Die im Grunde richtige EU-Politik sollte nicht durch Großbritannien torpediert werden.

(13.03.2013)

 

 

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