Hans-Heinrich Dieter

Wünsche eines Bürgers für 2017   (02.01.2017)

 

Das politische Jahr 2016 war aufgrund der eklatanten Fehler während der Flüchtlingskrise noch schwieriger als 2015. Die Wunschliste eines engagierten deutschen Bürgers ist deswegen auch für das Jahr 2017 lang, weil die Unzufriedenheit mit der etablierten Politik und Politikern unverändert überall zu spüren und so stark ist, dass rechtsgerichtete Parteien wie die AfD unverhältnismäßigen Zuwachs haben. Also sind Prioritäten zu bilden und Schwerpunkte zu setzen:

1. Die Politiker und Volksvertreter sollten die Bürger, abseits vermeintlicher und meist übertriebener „politischer Korrektheit“ und ohne ständiges Schielen auf Umfragewerte sowie die nächsten Wahlen, wahrheitsgemäß informieren, politische Probleme wie auch starke Bürgerbelastungen verständlich und plausibel erklären, Problemlösungsmöglichkeiten nachvollziehbar aufzeigen und die Bürger, wann immer sinnvoll und möglich, in die politischen Prozesse einbinden, um das für unsere Demokratie so wichtige Vertrauen zurück gewinnen zu können. Das gilt aktuell besonders für Zuwanderung- sowie Asyl- und Flüchtlingsproblemstellungen. Dabei ist es wichtig, dass wir zu einer vernünftigen Diskussionskultur zurückfinden, bei der die Bürger - und die Politiker - einander zuhören sowie versuchen, die Argumente des anderen zu verstehen und gegebenenfalls zu entkräften, ohne Andersdenkende zu diffamieren, gruppenweise auszugrenzen oder mit ideologischen Keulen in eine extreme Ecke zu drängen und damit mundtot oder noch radikaler zu machen.

2. Die Bürger sollten 2017 mit Bundes- und Landtagswahlen zu einem Jahr bürgerlichen Engagements machen, sich entsprechend politisch weiterbilden, sich gründlich über politische Sachverhalte informieren, sich dort einbringen, wo es geboten ist. Dazu müssen sie Wahlprogramme studieren und vergleichen sowie ihr Wahlrecht als Bürgerpflicht begreifen und so die oft beschämend geringe Wahlbeteiligung überwinden. Wenn Bürgerengagement zu Bürgerprotest mutiert, dann sollten die Staatsbürger gewaltsamen Protest verhindern und sich Chaoten und Extremisten mutig entgegenstellen.

3. Alle Anstrengungen müssen dem Abbau von Staatsschulden – national und im EU-Rahmen - bei gleichzeitigem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der ständigen Qualifizierung von Beschäftigten für gestiegene berufliche Anforderungen in unserer global orientierten Wirtschaft gelten, um den Wohlstand der Bürger möglichst zu halten, die Zahl der vom sozialen Transfer abhängigen Bürger zu verringern, den sozialen Frieden zu stabilisieren und die zukünftigen Belastungen für die nachwachsende Generation erträglich zu gestalten. Die Null-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank sollte beendet werden, um die Zahl von altersarmen Bürgern, denen Draghi Teile ihrer Altersrücklagen genommen hat, nicht noch größer werden zu lassen.

4. Bildung in Deutschland muss nicht in politischen Ankündigungen und mit ideologischen Absichten sondern real und konkret so verbessert werden, dass mehr Jugendliche gute Schulabschlüsse - ohne weitere Noteninflation - machen, besser für Berufsausbildung qualifiziert werden und die Studierfähigkeit der Abiturienten gesteigert wird. Nicht die Anzahl der Abiturienten ist wichtig, sondern die Qualität ihrer Hochschulreife! Dazu sollten die ständigen, ideologiebehafteten Schulversuche auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen beendet und föderale Bildungshindernisse beseitigt werden. Ziel muss es sein, nicht gleichermaßen mittelmäßig auszubilden, sondern individuell zu fördern, also den Schwächeren gezielt helfen und die Stärkeren zu besonderen Leistungen hinführen. Dabei muss politische Bildung ein größeres Gewicht in der Schulbildung bekommen. Wir brauchen auch in Zukunft Eliten, deswegen sollten wir sie mutig fördern. Beim Zustand unseres Bildungswesens wird das viel Zeit brauchen.

5. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten ihrem Bildungsauftrag wieder besser gerecht werden, schließlich erhalten sie von jedem Haushalt Gebühren. Die Medien sollten das teilweise arrogante Selbstmitleid hinsichtlich des schlimmen Vorwurfs „Lügenpresse“ überwinden und durch unabhängige, ausgewogene, gut recherchierte, am Pressekodex orientierte Berichterstattung verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Dazu sollte auch einer zunehmenden Boulevardisierung, auch von Qualitätsmedien, und einer Anbiederung an den Geschmack der Konsumenten privater Sender sowie an Druckerzeugnisse für bildungsferne Bürger Einhalt geboten werden. Mit solcher Zielsetzung sollte auch die Verwendung der Gebühren stärker kontrolliert werden. Darüber hinaus sollten Qualitätsmedien nicht larmoyant über „asoziale“ Netze klagen, sondern in diesen sozialen Netzen durch Qualitätsbeiträge überzeugen.

6. Deutschland, als wirtschaftsstarke europäische Mittelmacht, sollte sich als Nation für unsere Nachbarn und Partner in Europa und der Welt berechenbarer und verlässlicher einbringen. Dazu sollten nationale politische Ziele und vitale Interessen unter starker Berücksichtigung unserer Mitgliedschaft in der europäischen Union, in der Eurozone und in der NATO definiert und festgeschrieben werden. Unsere Verpflichtungen gegenüber der EU in der anhaltenden europäischen Krise und unsere Mitgliedschaft im NATO-Bündnis fordern angesichts der augenblicklichen sowie absehbaren sicherheitspolitischen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen geradezu eine nachlesbare, eindeutige, werteorientierte und verpflichtende politische Positionierung Deutschlands. Es darf zukünftig keine Auslandseinsätze der Bundeswehr ohne definierte politische Ziele und Strategien geben. Europa braucht die NATO - auch wenn die USA ihr Engagement reduzieren sollten - zur Gewährleistung unserer Sicherheit gegenüber einem zunehmend aggressiven Russland. Deswegen muss Deutschland die NATO nach Kräften unterstützen.

7. Deutschland sollte mit einer noch besser vernetzten Afghanistanpolitik im Einklang mit der internationalen Gemeinschaft eine neue Strategie entwickeln, die der verschlechterten Sicherheitslage entspricht sowie die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans weiter fördern. Das Festhalten an einer reinen Ausbildungsunterstützung für die Sicherheitskräfte wird nicht die Grundlagen für Frieden in Afghanistan schaffen. Erforderlich ist zusätzlich eine gezielte militärische Unterstützung beim Kampf gegen die radikalislamistischen Taliban und gegen den auch dort Fuß fassenden IS. Und die Entwicklungshilfe sowie wirtschaftliche/finanzielle Unterstützung muss zukünftig stärker und konsequent an strikt zu erfüllende Auflagen gebunden werden, um Afghanistan zur Bekämpfung der Korruption zu zwingen und dem „löcherigen Fass“ einen Boden einzuziehen. Dazu wünscht man sich im Deutschen Bundestag intensive Diskussionen über außen-, sicherheits-, wirtschafts- und entwicklungspolitische Ziele und Erfordernisse - weit über die übliche, routinierte, oberflächliche Zahlen- und Zeitpunkt-Diskussion hinaus. Afghanistan muss endlich wirklich eigenverantwortlich werden.

8. Die Neuausrichtung der Bundeswehr sollte grundsätzlich wie geplant zum Ziel geführt werden. Aufgrund der inzwischen instabilen Sicherheitsarchitektur in Europa und zunehmender Bedrohung durch islamistischen Terror sollten unsere politischen Interessen und Ziele überdacht, diskutiert und dann in zukunftstauglichen sicherheitspolitischen Dokumenten festgeschrieben werden. Ein neues Weißbuch alleine wird da nicht reichen. Und die Unterfinanzierung unserer Streitkräfte muss dringend überwunden werden, damit die Bundeswehr den Anforderungen der nächsten 10/20 Jahre mit solider Einsatzfähigkeit gerecht werden kann. Dazu ist es auch erforderlich, dass Deutschland in den kommenden Jahren die mit der NATO vereinbarten Verteidigungsinvestitionen in Höhe von 2.0% des BIP erreicht und dann dauerhaft leistet.

9. Deutschland sollte weiterhin mutig für einen Frieden im Nahen und Mittleren Osten auf der Grundlage einer Zweistaatenlösung mit einem sicheren Israel sowie einem unabhängigen und lebensfähigen Palästinenserstaat eintreten. Das erfordert auch die Bereitschaft immer dann zu aufrichtiger Kritik an israelischem Regierungshandeln, wenn es mit unzweifelhaft nationalistischer Politik eine Zweistaatenlösung konterkariert. Deutschland sollte in diesem Zusammenhang den richtigen Politikansatz der EU unterstützen, denn eine deutsche „Sonderpolitik“ ist gegenüber den überwiegend rechtsradikalen israelischen Regierungsverantwortlichen nicht mehr angebracht. An der Bekämpfung des IS-Terrorismus sollte sich Deutschland weiterhin aktiv beteiligen und sich gegebenenfalls noch stärker engagieren.

10. Die Integration unserer deutschen Bürger mit Migrationshintergrund sollte mit großem Engagement partnerschaftlich im Sinne von eindeutigen Integrationsforderungen, individuellen Integrationshilfen und auch erkennbaren Integrationsanstrengungen der Migranten – insbesondere beim Erlernen der deutschen Sprache - real voran gebracht werden. Missstände sind dabei konsequent zu beseitigen, um sozialen Sprengstoff zu entschärfen. Und was für unsere deutschen Bürger mit Migrationshintergrund gilt, trifft auch auf anerkannte Asylsuchende zu. In dem Zusammenhang wünscht man sich auch, dass Vertreter muslimischer Verbände in Deutschland sich öffentlich noch weitaus stärker distanzieren von Intoleranz und Gewalt muslimischer Fundamentalisten und Extremisten. Die muslimischen Mitbürger sollten zum Ausdruck bringen, dass sie mit demokratischem Selbstverständnis und westlichem Werteverständnis in dem Land „angekommen“ sind, wo sie schon lange mit uns zusammen und möglichst nicht parallel zu uns leben. Und auch in diesem Zusammenhang muss unsere Exekutive rechtsextremistischen Umtrieben, Gewalttaten und Fremdenhass in der Bevölkerung aber auch latentem Antisemitismus in muslimischen Bevölkerungsteilen mit allen Mitteln entgegengetreten. Wir müssen in Deutschland unsere Gesetze konsequent anwenden und die Befolgung unserer Regeln mit Nachdruck einfordern. Wo erforderlich müssen Gesetze verschärft werden, um unsere Freiheit in unserem Rechtsstaat zu schützen. Es darf in Deutschland einfach keine abgeschotteten, „rechtsfreien“ Parallelstrukturen und „No-go-areas“ geben. Dafür müssen die Ordnungskräfte in Qualität und Quantität, personell und materiell, dem inzwischen deutlich höheren Bedarf angepasst werden. Deutschland muss die vollständige Kontrolle zur Gewährleistung der Sicherheit der Bürger zurückgewinnen. Wir brauchen außerdem möglichst bald ein Einwanderungsgesetz.

Das Jahr 2017 wird politisch noch schwieriger werden als das ziemlich schlimme Jahr 2016, denn die inzwischen instabile Sicherheitsarchitektur Europas fordert große werteorientierte politische Anstrengungen auch von Deutschland, die nicht zum Nulltarif zu realisieren sind. Die Instabilität im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt wird nur durch eine gemeinsame, konsequent werteorientierte Europäische Union zu überwinden sein, die eine erneuerte Partnerschaft mit Russland sucht - aber nicht zu jedem Preis. Die höchst instabile Lage durch Religions- und Bürgerkriege im Nahen und Mittleren Osten sowie die Armut in weiten Teilen Afrikas werden die Flüchtlingsbewegungen nach Europa möglicherweise noch verstärken, die nicht bewältigte Eurokrise und die unverändert kritische wirtschaftliche Lage Griechenlands und anderer EU-Mitgliedstaaten wird uns alle weiterhin stark belasten und das bei einem zu geringen deutschen Wirtschaftswachstum und sehr hohem Investitionsbedarf in unsere Infrastruktur. Schließlich macht sich im Zusammenhang mit der sehr stark zunehmenden Zahl von Einwanderern, Asylsuchenden und Flüchtlingen Unmut über die Unfähigkeit einiger Behörden, über die unzureichende und sicherheitsgefährdende Organisation der Flüchtlingsströme sowie eine bisher wenig erfolgreiche Integrationspolitik und über eine in der EU nicht abgestimmte Einwanderungs- und Asylpolitik auch in der bürgerlichen Mitte breit. Um sozialen Zündstoff zu entschärfen und sich verstärkendem rechtradikalem Gedankengut wirksam entgegenzustellen, brauchen wir europaorientierte, mutige, zupackende und glaubwürdig handelnde Politiker. Die Chance, Vertrauen zurückzugewinnen, darf - gerade in einem schwierigen Wahljahr - nicht zerredet und vergeben werden. Die Bürger können nur hoffen, dass es gelingt, die EU-Außengrenzen besser zu sichern, Flüchtlinge in der EU fair zu verteilen und durch Erfolge bei den Friedensbemühungen für Syrien, Libyen und den Jemen wesentliche Fluchtursachen zu begrenzen.

(02.01.2017)

 

 

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