Hans-Heinrich Dieter

Bundeswehr in Mali   (28.07.2017)

 

Zwei Soldaten der Bundeswehr - ein Pilot und ein Waffensystemoffizier - sind beim Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers in Mali ums Leben gekommen. Fremdeinwirkung ist nach derzeitiger Kenntnis auszuschließen. Die Unfallursache wird zurzeit ermittelt.

Spekulationen verbieten sich, aber die Diskussion der derzeitigen personellen und materiellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr im Hinblick auf die zahlreichen Einsätze in Europa, Asien und Afrika muss angesichts dieses tragischen Unfalls geführt werden.

Die Bundeswehr unterstützt im westafrikanischen Mali seit 2013 zunächst die EUTM (EU Trainings Mission) und nun die UN-Mission MINUSMA. Die Soldaten leisten einen anerkennenswerten Dienst im Rahmen der Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands. Aber wie auch in anderen Einsätzen wird immer wieder deutlich, dass die Bundeswehr personell und materiell nicht hinreichend einsatzfähig ist.

2014 hat die Führung der UN-Mission MINUSMA es abgelehnt, von der Bundeswehr mit Transall-Maschinen unterstützt zu werden, weil unsere Flugzeuge bei großer Hitze nicht einsatzfähig waren und bei Nacht nicht fliegen konnten. Blamabel für die Hochtechnologie-Nation Deutschland.

Derzeit ist die Hälfte der deutschen Einsatz-Fahrzeuge in Gao stillgelegt. Die notwendigen Reparaturen verzögern sich, weil die Fahrzeuginstandsetzung im Camp personell unterdimensioniert ist und die Ersatzteilversorgung aus Deutschland nicht reibungsfrei funktioniert. Wenn Einsatzkräfte extremer Hitze von bis zu 50 Grad Celsius, häufiger starker Staubentwicklung und schwerem Gelände ausgesetzt sind, dann leidet das Material erheblich und das muss mit zusätzlichem Personal und zusätzlichen Ersatzteilen ausgeglichen werden - doch die sind offensichtlich nicht verfügbar.

Die zusätzlichen Fähigkeiten, die Deutschland nun mit der Aufklärungsdrohne Heron, mit dem Kampfhubschrauber Tiger und mit den Transporthubschraubern NH90 einbringt, erfordern unter diesen extremen Bedingungen natürlich auch zusätzliche Fähigkeiten im Bereich der Instandsetzung. Da diese logistischen Fähigkeiten offenbar nicht hinreichend verfügbar sind, ist die technische Einsatzbereitschaft nicht voll zufriedenstellend. An der Verbesserung der Einsatzbereitschaftslage wird gearbeitet.

Tiger-Kampfhubschrauber sind eigentlich für Einsätze in Mitteleuropa konstruiert und nicht für Gegenden mit extrem hohen Temperaturen. Sie dürfen deswegen in Mali nur mit Sondergenehmigung fliegen. In Mali können nur 18 Piloten diesen Hubschrauber fliegen. Ob alle diese Piloten die von der NATO für die Einsatztauglichkeit geforderten 140 Flugstunden auf den in Mali eingesetzten „Tigern“ nachweisen können, wird sicher geprüft werden.

Auch der Einsatz der NH90-Transporthubschrauber in Mali ist problematisch, denn die Vorbereitung auf den Einsatz in Afrika erfordert eine hohe Zahl an Flugstunden, die dann für die Herstellung und Erhaltung der Flugtauglichkeit von Piloten in Deutschland nicht zur Verfügung stehen. Das beeinträchtigt die Einsatzbereitschaftslage insgesamt erheblich. Und es ist nicht zu erwarten, dass eine andere Nation bereit sein wird, den höchst kostspieligen Einsatz von Kampf- und Transporthubschraubern für MINUSMA zu übernehmen.

Seit der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 wissen wir, dass Deutschland - sehr vollmundig - mehr Verantwortung für die Sicherheit Europas und der Welt übernehmen will. Dazu gehört, dass man über wirklich einsatzfähige Streitkräfte, mit genug qualifiziertem Personal und Material auf dem Stand der Technik verfügt. Davon ist Deutschland noch ziemlich weit entfernt und muss deswegen endlich anfangen, der großspurigen Vollmundigkeit Taten folgen zu lassen.  Das bedingt einen allmählichen aber deutlichen Aufwuchs des Wehretats mit dem Ziel 2 Prozent am BIP im Jahr 2024. Hier geht es nicht um eine „Rüstungsspirale“ wie Gabriel glauben machen will, sondern um längst erforderliche und dringend notwendige Investitionen.

Die Bundeswehr wird in Deutschland nicht als ein wichtiges Mittel unserer Außen- und Sicherheitspolitik geschätzt und der Dienst der Soldaten wird nur unzureichend gewürdigt. Die Politik hat es zugelassen, dass die Bundeswehr über mehr als zwanzig Jahre unterfinanziert - manche Kritiker sagen auch kaputtgespart - wurde und sich durch jahrelange „planmäßige Mangelwirtschaft“ zu einem „Sanierungsfall“ entwickelt hat. Die Einsatzbereitschaftslage in Mali ist dafür nur eines von vielen Beispielen.

Es wird hohe Zeit, dass die Politiker, die immer wieder den Primat der Politik für die Parlamentsarmee Bundeswehr einfordern, ihrer damit verbundenen Verantwortung gerecht werden. Bisher haben sie sich nur stark eingeschränkt verantwortungsbewusst gezeigt!

(28.07.2017)

 

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