Hans-Heinrich Dieter

Erniedrigung der SPD   (02.11.2014)

 

Bundespräsident Gauck sagt zur möglichen Wahl des Politikers der SED-Nachfolgepartei, Ramelow, zum Ministerpräsident von Thüringen: "Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren."

Die Vorsitzende der SED-Nachfolgepartei, Kipping, greift natürlich die Kritik des Bundespräsidenten an der sich abzeichnenden rot-rot-grünen Koalition in Thüringen scharf an: "Seine Zweifel an der demokratischen Gesinnung unserer Mitglieder und Wähler weise ich in aller Form zurück. So etwas gehört sich für einen Präsidenten nicht." Und Kipping unterstellt Gauck, er betreibe Parteipolitik.

Der Bundespräsident betreibt aber keine Parteipolitik sondern er befasst sich mit deutscher Geschichte. Als ehemaliger Bürger des Unrechtsstaates DDR hat er die Unterdrückung durch das Regime und seine Schergen hautnah miterlebt und als ehemaliger Stasi-Unterlagen-Beauftragter weiß er sehr genau, welche "Ehemaligen" sich noch in der Linkspartei tummeln. Das macht es ihm schwer, auch 25 Jahre nach dem Mauerfall Vertrauen in die Funktionäre der SED-Nachfolge-Partei zu fassen.

Nicht umsonst übt der derzeitige Stasi-Unterlagen-Beauftragte, Jahn, scharfe Kritik an der geplanten rot-rot-grünen Koalition in Erfurt. "Die Politiker in Thüringen sollten schon wissen, dass die Opfer der SED-Diktatur sich verletzt fühlen, wenn dort ein linker Ministerpräsident regiert." In seinem Amt hat er die Linkspartei offenbar nicht als eine Partei wahrgenommen, "der es mit der Aufarbeitung wirklich ernst ist."

Noch ist Ramelow nicht gewählt, denn es bleibt das Ergebnis der Mitgliederbefragung der SPD abzuwarten. Wenn sich allerdings die SPD als Juniorpartner in eine Koalition mit der SED-Nachfolge-Partei einbringt, erniedrigt sie sich selbst. Schließlich hat sich die SPD damals in der DDR gegründet, um in mutige Opposition zur Unterdrücker-Partei SED zu treten. Außerdem erklärt die SPD, dass die Linkspartei auf Bundesebene nicht koalitionsfähig ist. Natürlich geht es auf Landesebene nicht um Außen- oder Sicherheitspolitik, sondern um Bildung, Familie und Wirtschaft. Aber sind die Ex-Stasi-IM und die ehemaligen Aufseher im Staatsgefängnis DDR, die das Land des "real existierenden Sozialismus" an den Rand des Staatsbankrotts gewirtschaftet und Bildung auf der Grundlage von Propaganda und Parolen des Kommunistischen Manifestes betrieben haben, die richtigen - und vor allem die besseren Koalitionspartner für die SPD als die CDU? Es bleiben starke Zweifel, ob die alten Kader gute Politik zum Wohle der Menschen im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats machen können. Ich teile die Zweifel des Bundespräsidenten.

Es ist schlimm genug, dass in den Ländern auf dem Territorium der ehemaligen DDR so viele Bürger geschichtsvergessen die SED-Nachfolge-Partei überhaupt wählen. Andererseits muss man Verständnis für solche Wahlergebnisse aufbringen, wenn man bedenkt, dass die DDR von Stasi-Mitarbeitern in großen Mengen und von einer Unzahl von Mitläufern durchsetzt war, die sich als Verlierer der Wende betrachten. Da wird es noch mindestens eine Generation dauern, bis solche Bürger in der Demokratie angekommen sind. Und es ist schlimm genug, dass sich die Volkspartei SPD nicht nur in Thüringen sondern auch in Brandenburg einer Zusammenarbeit mit der Volkspartei CDU verweigert.

Aber vielleicht verhindern geschichtsbewusste SPD-Mitglieder ja noch eine mehrheitliche Zustimmung zur rot-rot-grünen Koalition. Sollte das nicht gelingen, dann gibt es vielleicht den einen und anderen aufrechten SPD-Volksvertreter, der Anfang Dezember Ramelow seine Stimme verweigert.

(02.11.2014)

 

 

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