Hans-Heinrich Dieter

Erschreckend unterwürfig   (15.04.2016)

 

Frau Merkel wirkt erschreckend unterwürfig gegenüber dem türkischen Machthaber Erdogan - nicht erst im Zusammenhang mit der geschmacklosen Satire von Böhmermann.

2015 hat Frau Merkel im Rahmen des Besuchs des neuen türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu - mit einer knappen 180-Grad-Wendung - die Aussage des gescheiterten Bundespräsidenten Wulff bestätigt: „Der Islam gehört zu Deutschland - und das ist so, dieser Meinung bin ich auch.“ Für Merkel ist die Liebedienerei gegenüber der Türkei offenbar wichtiger als die Meinung von 61 Prozent der Deutschen, die sehr begründet der Auffassung sind, der Islam passe nicht in die westliche Welt.

Auf zunächst einsamer Suche nach einer europäischen Notlösung in der Flüchtlingskrise unterstützt Merkel dann durch einen Besuch bei Erdogan den Wahlkampf der AKP. Dadurch hofiert Kanzlerin Merkel ein Land, das nicht konsequent gegen Schlepperbanden vorgegangen ist und das seine Grenzen zu Griechenland nur unzureichend kontrolliert hat, um sich von Flüchtlingen zu entlasten, und das seine Zusagen im Zusammenhang mit dem EU-Aktionsplan nur unzureichend eingehalten hat. In einer Regierungserklärung lobt Merkel die Türkei über den grünen Klee: "Die Leistungen der Türkei bei der Versorgung von inzwischen 2,7 Millionen Flüchtlingen können gar nicht hoch genug gewürdigt werden“ - obwohl sie weiß, dass die Flüchtlinge unter menschenrechtlich fragwürdigen Bedingungen, ohne Registrierung und ohne Aussicht auf Arbeit sowie Schule für die Kinder hausen und so zur weiteren Flucht animiert werden.

Bei dieser Wahlkampfunterstützung bleibt es nicht. Kanzlerin Merkel hofiert den autokratisch agierenden Erdogan und die wenig vertrauenswürdige Türkei gleich durch mehrere nicht mit der EU abgestimmte Bittstellerbesuche und trägt so dazu bei, dass dem zunehmend autoritären Regime ungerechtfertigte Zugeständnisse gemacht werden. Da eine Mehrheit der EU-Mitglieder der Auffassung ist, dass die muslimisch geprägte Türkei nicht zu Europa gehört, isoliert Merkel Deutschland in der EU noch mehr. Gleichzeitig brüskiert sie die demokratische Opposition in der Türkei, weil sie bei ihren Besuchen zur Menschenrechtslage, zur Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit und zur unverhältnismäßigen Bekämpfung der Kurden keine kritischen Worte findet und eher wie eine Opportunistin wirkt.

Dann setzt Kanzlerin Merkel in ihrer selbstverschuldeten Not alles auf eine gemeinsame Lösung mit der Türkei, um dadurch die Fluchtursachen zu reduzieren. Deswegen unterstützt sie Erdogan, den die deutsche Opposition - ausnahmsweise einmal berechtigt - „eine personifizierte Fluchtursache“ nennt, bei seiner Forderung über Syrien eine Flugverbotszone einzurichten. Dadurch setzt sich Merkel in Widerspruch zur westlichen Allianz, die doch mit deutscher Unterstützung versucht, den IS niederzuringen. Man fragt sich, wer die Kanzlerin berät, aber vielleicht ist sie ja inzwischen beratungsresistent.

Kritische Beratung findet offensichtlich nicht statt. Das Zustimmungsergebnis auf dem letzten CDU-Parteitag zu Merkels umstrittener Flüchtlingspolitik - gepaart mit unterwürfiger Haltung gegenüber der Türkei - gleicht nach der fruchtbaren Debatte im Vorfeld schon realsozialistischen Verhältnissen, wie man sie aus DDR-Zeiten kennt. Es gab lediglich zwei mutige Stimmen, die sich kritisch zu Wort meldeten, der Fraktionsvize Vaats und der Vertreter des Mittelstandes Linnemann. Alle anderen Parteidelegierten sind offenbar regelrecht gleichgeschaltet. Die CDU-Vorsitzende Merkel bekam für ihre, das Wohl des deutschen Volkes schädigende, Politik neunminütigen stehenden Beifall von ihren unterwürfigen CDU-Delegierten.

Da wundert es nicht, dass Frau Merkel im Zusammenhang mit dem schmähkritischen Erdogan-Gedicht Böhmermanns Fehler macht. Sie schätzt Erdogan falsch ein und glaubte wohl, durch eine kratzfüßige "Entschuldigung" bei dem Möchtegern-Sultan die Sache aus der Welt bringen zu können. Flankiert hat sie das durch einen Versuch, auch bei Ministerpräsident Davutoglu um Schönwetter zu bitten. Der Versuch, durch vorauseilenden „Gehorsam“ Druck zu vermeiden, ist kläglich gescheitert, denn Erdogan hat postwendend den juristischen Druck aufgebaut und dann noch erhöht. Und im In- und Ausland wird Merkels Entschuldigung als Kniefall vor Erdogan gewertet. Peinlich!

Nun hat die Bundesregierung den Weg für eine Strafverfolgung des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann nach §103 StGB wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts frei gemacht. Die rechtliche Prüfung liegt nun in den Händen unserer unabhängigen Justiz. Es bleibt abzuwarten, ob auch die demokratische Opposition in der Türkei das richtig einordnen kann. Es ist wahrscheinlicher, dass der Eindruck sich verfestigt, Deutschland spiele dem autoritär agierenden Präsidenten Erdogan in die Hände. Und der wird seinen Erfolg innenpolitisch rücksichtslos ausschlachten.

(15.04.2016)

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