Hans-Heinrich Dieter

Gastkommentar (02.03.2011)

 

Die Klartexte zur Bundeswehrreform hat Oberst a.D. Roland Kaestner kommentiert:

 

 So sehr es richtig ist, dass die Personalentwicklung in Zukunft einer anderen Logik als in der Vergangenheit folgen muss , ist sie doch nicht das größte Problem der Bundeswehr. Diese muss neue Fähigkeiten gewinnen und sich neu strukturieren, ohne dass klar ist, was sie denn in Zukunft leisten soll.

Und das in einer Zeit, in der absehbar ist, dass das US-Engagement im Verteidigungssektor aus finanziellen Gründen zurückgehen wird.

Deutschland und die EU wären gut beraten, wenn sie frühzeitig die zukünftigen, sicher eher wachsenden, sicherheitspolitischen Herausforderungen und ihre Reaktion darauf sinnvoll definieren würden, statt sich in überflüssigen Interventionen zu verausgaben.

Darüber hinaus ist der Haushalt ein limitierendes Element.

Bis 2015 müssen 8,3 Mrd. EURO eingespart werden. Nach dem Bundeswehrplan 2010 bedeutet das: Reduzierungen des Haushaltes ab 2020 in Höhe von 0,45 Mrd und bis 2015 (neuste Entscheidung) jährlich 1,57 Mrd. Euro pro Jahr.

Nach ersten Verlautbarungen sollte dies bei dem Personal eingespart werden. Nach Abzug der 30.000 Wehrpflichtigen bleiben 220.000 Berufs- und Zeitsoldaten, die auf 185.000 Mann reduziert werden sollen. Doch wer soll da reduziert werden?

Die Zeitsoldaten, wohl kaum, die würden in den Einsätzen fehlen. Die Berufssoldaten, natürlich kann man Frühpensionierungen vornehmen, aber da der Pensionsetat vor Jahren in den Verteidigungshaushalt überführt wurde, bedeutet dies nur eine Umschichtung der Kosten mit geringfügiger Einsparung. Bleiben nur noch zwei Bereiche: der Betrieb und die Investitionen. Der Betrieb wird die nächsten Jahre durch die laufenden Auslandseinsätze eher teurer und wenn man dort spart, wie man es schon seit Jahren macht, geht dies auf Kosten der Ausbildung und Materialerhaltung, letzteres führt zur schnelleren Abnutzung der Einsatzmittel verstärkt durch die Auslandseinsätze und zwingt eigentlich zu höheren Investitionen.

Bleiben nur die Investitionen, die im nächsten Jahrzehnt sowieso schon zu 70 Prozent in luftwaffeneigentümlichem Gerät festgelegt sind, so als wären alle zukünftigen Herausforderungen überwiegend mit diesem Gerät zu bewältigen. Das bedeutet: die Einsparungen werden durch Schieben und Strecken in den festgelegten Teilen und durch Streichen in den noch nicht festgelegten Investmitteln erreicht. Dabei schieben wir bereits eine finanzielle Bugwelle in der Beschaffung vor uns her.

Desweiteren solange der Verteidigungshaushalt nicht irgendwann mal auf einem Plafond real und nicht nur wie in den letzten zehn Jahren nominal stabilisiert wird, werden wir alle fünf Jahre eine Verkleinerung der Bundeswehr erleben. Doch das wird nicht wie in der Vergangenheit einfacher, wie die Verkleinerung der Bundeswehrverwaltung auf 75.000 Arbeitnehmer in der Scharpingschen Reform (real haben wir noch 90.000) zeigt, sondern auch die Streitkräfte können nur langfristig Geld durch Reduzierung von Personal einsparen. All das erhöht auch nicht die Attraktivität der Bundeswehr. Fazit: die Armee steckt in ihrer schwersten Krise.

 

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