Hans-Heinrich Dieter

Hochnotpeinliche Untersuchung   (22.07.2013)

 

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Euro-Hawk-Affäre hat sich in dieser Vorwahl-Sommerpause viel vorgenommen. Bis zum 31. Juli sollen 19 Zeugen vernommen werden und der abschließende Bericht ist für September angekündigt. Das Interesse des Ausschusses wird darauf fokussiert sein, welche Kosten durch das Desaster real entstanden sind, wer dafür welchen Teil der Verantwortung trägt, welche konkrete Verantwortung Minister de Maizière zuzuordnen ist - und jeder trägt für sich und seine Partei zum Wahlkampf bei.

Der Auftakt verspricht allerdings sehr wenig, denn es wird der ehemalige Generalinspekteur Schneiderhan gehört, ein notorischer Schönfärber und Weichzeichner. Schneiderhan war der "Erste Soldat der Bundeswehr" mit der längsten Dienstzeit im Amt, aber gleichzeitig der mit der negativsten Wirkung auf die Bundeswehr und die Truppe. Denn er hat die "Reform 2000" den sicherheitspolitischen Veränderungen nicht angepasst, über mehrere Jahre untaugliche Bundeswehrpläne vorgelegt, als Vorsitzender des Rüstungsrates angesichts der unausgewogenen und zu lange am Kalten Krieg orientierten Beschaffungsplanungen versagt, und als einsatzunerfahrener Offizier die Bürokratisierung der Einsätze der Bundeswehr zugelassen. Der Bundeswehr hat er auch dadurch geschadet, dass er offensichtlich nicht Manns genug war, die politisch Verantwortlichen sach- und zukunftsorientiert zu beraten, sonst wäre die Bundeswehr bei seinem Rauswurf nicht in einer Lage gewesen, die unzählige Politiker und große Teile der Medien dazu veranlasste, die Bundeswehr als "Trümmerhaufen" zu bezeichnen und die "umfassendste Reform" der Bundeswehrgeschichte einzuleiten. Da ist nicht zu erwarten, dass Schneiderhan dem Erkenntnisinteresse des Ausschusses dient und dementsprechend ist auch die knappe Zusammenfassung seiner Anhörung: Probleme bei der Beschaffung der Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" seien schon früh absehbar gewesen. Allerdings seien diese Probleme in der Konzeptionsphase von allen Beteiligten als lösbar eingeschätzt worden. Als echter ehemaliger "Politgeneral" kann er sich natürlich eine öffentliche Kritik am Informationsverhalten de Maizières nicht verkneifen. Ein sehr fragwürdiger Charakter!

Ex-Minister Scharping war in der sehr frühen Projekt-Phase verantwortlich und kann sicher deutlich machen, dass auch er der Auffassung war, dass sich die Bundeswehr mit permanenten Lücken bei Aufklärungskapazitäten einer vielversprechenden Zukunftstechnologie nicht verweigern sollte. An der rot-grünen Politik Anfang 2000 kann diesbezüglich ein eklatantes Fehlverhalten sicher nicht festgemacht werden. Deswegen nutzt der SPD-Politiker die Chance und kritisiert das Informations- und Kommunikationsverhalten de Maizières. Abgeflogene ergreifen ab und an eine Chance, der Partei zu gefallen, die auch nichts mehr von ihnen hält.

Der Zeuge Jung war Verteidigungsminister, als die Große Koalition 2007 den Vertrag zur Entwicklung des Euro Hawk billigte. Die Vertragsgestaltung muss sicher intensiv geprüft werden, aber was soll der unglückliche und auch unfähige Ex-Verteidigungsminister Jung beitragen, wo er doch Probleme stets verdrängt oder schöngeredet und die Bevölkerung unwahr informiert hat? Und da hilft es auch nicht, dass seine Schuld als begrenzt angesehen werden kann, weil er von Schneiderhan und Wichert schlecht beraten war und das mit seinen stark eingeschränkten Fähigkeiten nicht erkennen konnte. Was Jung von sich gab, war meist halbwahr, unwahr oder schlicht falsch. Ein Oppositionspolitiker sagte dann auch, Jung habe „seinem Ruf Ehre gemacht, Experte im Schweigen und Verschweigen zu sein“. Jung wird den Ausschuss nicht weiter bringen. Er weist denn auch "Geburtsfehler" bei der Euro-Hawk-Beschaffung lapidar von sich. Wie zu erwarten sehr dürftig.

Der Auftakt ist also nicht vielversprechend. Dabei kann dieser parlamentarische Untersuchungsausschuss für die Bundeswehr sehr hilfreich sein, wenn er sich aus dem Wahlkampf heraushält, wenn es ihm gelingt, der Neuordnung der Rüstungsbeschaffung politische Impulse zu geben, wenn Fehlentwicklungen in der Neuausrichtung des Verteidigungsministeriums am Beispiel der Beschaffungsplanung offengelegt werden und wenn der Untersuchungsausschuss selbstkritisch feststellt, wo die politisch verantwortlichen Parlamentarier ihrer Kontrollverantwortung nicht umfassend nachgekommen sind.

Zu diesen positiven Auswirkungen wird es nicht kommen, denn dazu sind einige der beteiligten Politiker zu kleinkariert. Da bleibt zu hoffen, dass diese wichtige Untersuchung im Ergebnis nicht peinlich ist.

(22.07.2013)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte