Hans-Heinrich Dieter

Internationale Afghanistankonferenz   (14.03.2014)

 

Am 12. und 13. März fand in Berlin eine internationale Afghanistan-Konferenz mit Vertretern der deutschen und der afghanischen Regierung, der Vereinten Nationen sowie von deutschen und internationalen Hilfsorganisationen statt. Thema war die künftige Entwicklungshilfe für Afghanistan, auf der Grundlage einer neuen Entwicklungsstrategie bis zum Jahr 2017. Im Rahmen vernetzter Sicherheitspolitik hätte der federführende Außenminister die Konferenz leiten müssen, fachlich eng begleitet durch die Verteidigungsministerin und Entwicklungsminister Gerd Müller.

Deutschland hat einmal mehr die „kleine Lösung“ gewählt und deswegen leitete der Entwicklungsminister die Tagung. Die Bundesregierung will Afghanistan mit jährlich 430 Millionen Euro unterstützen. Deutschland will allerdings nun seine Entwicklungshilfe für Afghanistan stärker von Erfolgen bei Reformen abhängig machen und im Zweifel Geld zurückhalten oder ganz streichen. "Messbare Fortschritte" verlangt Müller bei guter Regierungsführung, Korruptionsbekämpfung und bei Frauenrechten. „Kein Geld darf in korrupte Kanäle fließen, jeder Euro muss bei den Menschen ankommen“ betont der neue Entwicklungsminister. Das sind starke Worte, die erst in die Tat umgesetzt werden wollen. Und die Umsetzung ist allein schon dadurch erschwert, dass die teilnehmenden afghanischen Regierungsvertreter möglicherweise nach den Präsidentschaftswahlen am 5.April 2014 nicht mehr im Amt sind.

Die Realisierung der neuen Strategie ist aber auch grundsätzlich schwierig. Der im Januar erschienene Fortschrittsbericht zur Lage in Afghanistan im Jahr 2013 zeichnet ein Bild mit weit mehr Schatten als Licht. Danach hat Kabul die Reformversprechen für bessere Regierungsführung, den Kampf gegen die grassierende Korruption sowie Drogenanbau und Drogenhandel oder für eine Verbesserung der Menschenrechtslage nicht erfüllt. Von einer „ausreichenden Sicherheitslage“ kann nicht die Rede sein, die Entwicklung gestaltet sich vielmehr eher negativ. Die 2012 in Tokio vereinbarten Bedingungen für die Gewährung der von der internationalen Staatengemeinschaft zugesagten 16 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern und weiteren 5 Milliarden pro Jahr für die Unterstützung der Sicherheitskräfte sind nicht erfüllt, weil die 17 Kernziele für effizientes Regierungshandeln nur zu einem Drittel annähernd erreicht sind. Da sind keine schnellen Fortschritte zu erwarten!

Die US-Entwicklungshilfeorganisation USAID stellt fest: "Die afghanischen Ministerien sind nicht in der Lage, das Geld zu verwalten und die Ausgaben zu belegen." Schätzungen zufolge versickern bis zu 50 Prozent aller Afghanistan-Hilfsgelder in dunklen Kanälen. Afghanistan ist das drittkorrupteste Land im internationalen Vergleich, wie soll sich da schnell etwas ändern?

Wir wollen Afghanistan helfen und gerade deswegen ist es wichtig, Hilfszahlungen an konkrete Bedingungen zu binden. Von den jährlich 430 Millionen Euro werden deswegen 60 Millionen konditioniert. Das ist eine relativ kleine an Bedingungen geknüpfte Summe, aber es ist ein Anfang.

Wichtig ist aber auch, dass die Voraussetzungen ab 2015 dafür geschaffen sind, dass Entwicklungshilfe überhaupt möglich ist. Die Verantwortung für die landesweite Sicherheit wird am 31. Dezember 2014 vollständig an afghanische Sicherheitskräfte übergehen. Bisher sind diese afghanischen Sicherheitskräfte noch nicht in der Lage, gesicherte Entwicklungshilfe zu garantieren. Die Taliban verstärken ihre landesweiten Terroraktivitäten und haben im Vorfeld der Präsidentschaftswahl mit einer Anschlagswelle gedroht. Die Stationierungsabkommen mit den USA und der NATO sind noch nicht unterzeichnet. Und damit fehlen die Voraussetzungen dafür, dass überhaupt noch westliches Militär in Afghanistan bleibt und Entwicklungshilfe möglich ist.

Die Entwicklung der politischen Lage mit dem Ergebnis der Präsidentschaftswahlen und vor allem ab 2015, ist derzeit kaum absehbar. Und das bringt sowohl für die Bundesregierung als auch für die Nichtregierungsorganisationen Schwierigkeiten mit sich. Es wird schon einen erheblichen Unterschied machen, ob ein eher islamistischer oder ein eher säkularer Präsidentschaftskandidat die Wahl gewinnt. Und bei einer verschlechterten Sicherheitslage werden nur noch zeitlich und räumlich stark begrenzte Hilfsmaßnahmen möglich sein.

Die Aussichten für die Realisierung der neuen Entwicklungsstrategie bis zum Jahr 2017 sind nicht gerade gut. Am 10.03.2014 haben die Taliban im Vorfeld der Präsidentschaftswahl öffentlich erklärt, alle Kämpfer hätten die Anweisung erhalten, Wahlhelfer, Aktivisten, Freiwillige und Sicherheitskräfte anzugreifen. Sollten die Taliban Erfolge erzielen, gebe das einen Vorgeschmack für die Lage nach 2015.

(14.03.2014)

 

 

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