Hans-Heinrich Dieter

Konzeptionslos, planlos, kopflos, hilflos!   (16.09.2015)

 

Seehofer, Söder und andere CSU-Politiker muss man nicht mögen oder wählen wollen, wenn sie aber als nahezu einzige Volksvertreter den gesunden Menschenverstand walten lassen und die derzeitige Flüchtlingslage realistisch beurteilen, dann sollte man sie nicht, wie in Deutschland üblich, in die rechtsradikale Ecke stellen und als Populisten verteufeln, sondern nachdenken.

Statt nachzudenken haben die meisten deutschen Politiker sich zunächst über ein „Septembermärchen“ gefreut und waren stolz darauf, dass Deutschland wegen seines Großmutes und seiner Empathie in der Welt vermeintlich wieder geliebt wird. Wir pflegen gerne unsere Illusionen!

Wenn Politiker der CSU hingegen feststellen, die Entscheidung, Flüchtlinge aus Ungarn nicht registriert ins Land zu lassen, sei eine beispiellose politische Fehlleistung gewesen, dann haben sie mit ihrer Kritik Recht, denn mit dieser Entscheidung werden die Regeln der Dubliner Vereinbarung gebrochen, auf die die Kanzlerin sonst so vehement pocht. Wenn wir dann durch die schiere Anzahl der ankommenden Flüchtlinge überfordert sind und die Flüchtlinge nicht registriert weiterreisen lassen, dann verstoßen wir erneut gegen die EU-Regeln. Wir haben es hier ganz offensichtlich mit wiederholter politischer Fehlleistung zu tun. Wenn Kanzlerin Merkel dann öffentlich feststellt, dass Flüchtlinge aus Syrien auf keinen Fall zurückgeschickt werden, dann ist das wie ein Persilschein für alle Asylsuchenden aus dem Bürgerkriegsland und den Flüchtlingslagern der angrenzenden Staaten. Unser Asylrecht sieht aber vor, dass jedes Asylgesuch zu prüfen und nach Recht und Gesetz zu entscheiden ist. Wenn dann CSU-Politiker aber auch Ministerpräsidenten und Kommunalpolitiker von Ãœberforderung sprechen und zum Ausdruck bringen, dass wir in Deutschland im Hinblick auf die Flüchtlinge die Kontrolle verloren haben, dann kontert unsere neuerdings gefühlsdominierte Bundeskanzlerin öffentlichkeitswirksam: „Wir schaffen das!“ und „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze.“

Mit ihren Aussagen hat Frau Merkel Millionen syrische Menschen, die derzeit in der Türkei, im Libanon, in Jordanien ausharren, ganz zu schweigen von denen, die in Afrika und auf dem Sprung über das Mittelmeer sind, geradezu angelockt. Damit hat sie eine Krise beschleunigt, die jetzt nur noch schwer zu bewältigen sein wird. Da darf man mit Fug und Recht von einer politischen Fehlleistung sprechen!

Dann ist auch Frau Merkel aufgefallen, dass die menschenwürdige Behandlung und Versorgung sowie die Registrierung der schieren Zahl der ankommenden Flüchtlinge von den überforderten Behörden nicht zu bewältigen ist. Das hat sie dazu veranlasst, ohne Rücksprache mit Österreich die Grenze zu schließen. Eine Absprache mit der Europäischen Kommission oder mit EU-Partnern fand bei dieser einseitigen Aussetzung des Schengen-Abkommens nicht statt. Die EU und unsere Partner sind mit Recht durch diesen brutalen Richtungswechsel der deutschen Politik verwundert, enttäuscht und verärgert. Hier wird das Handeln Merkels tatsächlich zu einer „beispiellosen politischen Fehlleistung“!

Und dann verstärkt Frau Merkel ihre in diesem Fall schlechte Leistungsbilanz auch noch, indem die promovierte Physikerin sich unfähig zeigt, mit sachlicher Kritik sachlich umzugehen. In Richtung CSU sagte sie: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“ Die Aussage ist in mehrfacher Hinsicht ärgerlich. Erstens ist die Kanzlerin verantwortlich für unser Land und nicht für ihres. Außerdem reduziert sie politisches Handeln dabei auf das Äußern von Gefühlen statt sich um zukunftsorientiertes Bewältigen von Problemen zu unserem gemeinsamen Wohl zu sorgen. Drittens schwingt sie die Gefühlskeule und verteufelt alle, die Kritik an ihrer Politik äußern als schlechte deutsche Staatsbürger, mit denen man nicht zusammenleben möchte. Hier haben wir es nicht nur mit einer politischen sondern auch mit einer menschlichen Fehlleistung zu tun.

Vielleicht sind Frau Merkel ihre Aussagen inzwischen selbst peinlich und sie hat den Mut sich zu korrigieren. Wahrscheinlich ist das allerdings nicht, denn unsere Kanzlerin ist inzwischen so abgehoben, dass sie den Kontakt zum Bürger und seinen Problemen offenbar längst verloren hat. Es ist aber angezeigt, dass die Kanzlerin zur Einsicht kommt, denn die Probleme treten mehr und mehr offen und unübersehbar zutage. Teile unserer EU-Partner distanzieren sich von Deutschland. Rechte und nationalistische Kräfte, wie die NPD, der Front National mit Frau Le Pen und UKIP, werden von Merkels Fehlleistungen profitieren. Die Europäische Union wird es schwer haben, das Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen durchzusetzen, weil zum Beispiel die osteuropäischen Staaten nicht einsehen werden, dass sie zukünftig die von Deutschland nach Europa gelockten Flüchtlinge in immer größeren Zahlen aufnehmen sollen. Die Vielzahl der Brüche der Schengen-Regeln und des Dubliner Übereinkommens, die zunehmende unzureichende Solidarität und der wachsende nationale Egoismus der EU-Partner sowie die unzureichende Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU wird es sehr schwer machen, zu gemeinsamem, werteorientiertem und solidarischem Handeln in der Europäischen Union zurückzufinden. Deutschland hat mit seiner Politik zu dieser Misere beigetragen.

In Deutschland selbst wachsen die Probleme ständig. Die Ministerpräsidenten der Länder sind sehr unzufrieden mit der unzureichenden Kommunikation der Flüchtlingsproblematik durch die Kanzlerin und die zuständigen Bundesminister. Die Bürgermeister und Kommunalpolitiker sind unzufrieden mit der Kommunikation durch die Länder und werden durch Entscheidungen immer wieder überrasch und dann auch schnell überfordert. Die strukturellen Kapazitäten erweisen sich als unzureichend für den Massenandrang von Flüchtlingen und deren berechtigtem Anspruch auf menschenwürdige Versorgung. Die Behörden sind überlastet und überfordert. Die mit Recht geforderte schnellere Abschiebung von Asylsuchenden aus den Balkanstaaten wird sich nur schwer umsetzen lassen, weil unser Asylrecht so angelegt ist, dass es auch bei offensichtlichem und festgestelltem Missbrauch zu Verzögerungen durch langfristige Einspruchsverfahren kommt. Langsam wird auch den größten Optimisten klar, dass es sehr schwer werden wird, Flüchtlinge – wie gewünscht – schnell zu integrieren und in den Arbeitsmarkt zu bringen, weil bei den meisten Flüchtlingen die Voraussetzungen dafür fehlen. Das Angebot des Zentralrates der Muslime, Integrationshilfe durch türkische Gemeinden und Helfer zu leisten, wird da nicht weiterhelfen, im Gegenteil. Wie sollten auch unsere türkischen Mitbürger, die zusammen mit den arabischen muslimischen Migranten am schlechtesten integriert sind, am intensivsten in Parallelgesellschaften organisiert sind und die höchste Zahl an Jugendlichen ohne Schulabschluss sowie an jungen Bürgern ohne Berufsausbildung aufweisen, hilfreich sein können? Vielmehr wird jetzt schon die akute Gefahr der Anwerbung von Flüchtlingen durch Salafisten und Islamisten öffentlich thematisiert. Heute schon bekämpfen sich junge türkische „Graue Wölfe“ mit jungen Kurden in Deutschland. Demnächst werden vielleicht türkische Sunniten und syrische Schiiten in Deutschland um die Deutungshoheit im Islam streiten und die muslimischen Stellvertreterkriege des Nahen Osten in kleinerem Rahmen zu unseren Lasten fortsetzen. Diese durchaus wahrscheinliche Entwicklung wird nur schwer zu kontrollieren sein, denn unsere Behörden, unsere Polizei und unsere Nachrichtendienste haben mit den herkömmlichen Problemen schon genug zu tun und müssen sich wohl auch zunächst darauf konzentrieren, die als nicht registrierte Flüchtlinge nach Deutschland eingeschleusten möglichen Terroristen des Islamischen Staates ausfindig und dingfest zu machen.

Die Probleme, die erkennbar auf uns zukommen, sind immens. Bisher „schaffen wir es“ offenbar nur unzureichend. Die wachsenden überdimensionalen Flüchtlingszahlen überwältigen uns regelrecht. Ein syrischer Flüchtling, der heute ankommt, kann nach Hochrechnungen im Mai nächsten Jahres mit einem ersten Gesprächstermin hinsichtlich eines möglichen Asylverfahrens rechnen! Das wird unsere Sozialsysteme und das tagtägliche Leben in Deutschland sehr stark belasten und zwangsläufig zu politischem und bürgerlichem Unmut führen. Das ist die neue deutsche Realität. Ob Kanzlerin Merkel und ob wir als Gesellschaft deutscher Bürger es irgendwann zufriedenstellend schaffen, steht in den Sternen!

(16.09.2015)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte