Hans-Heinrich Dieter

Kriegstreiber Putin   (15.04.2014)

 

In der Ostukraine herrscht Chaos, wenn nicht eine Vorstufe zum Krieg. In den Medien werden die Stimmen leiser und weniger, die fordern, dass man Russland „Zugeständnisse“ machen müsse, man dürfe Russland nicht noch mehr isolieren und in die Enge treiben, man müsse die „verletzte“ russische Seele verstehen, etc… . Die Zahl der "Putinversteher", die seine Völkerrechtsverletzungen als Reaktion auf eine vermeintlich aggressive EU- und NATO-Politik rechtfertigen, nimmt ab. Die Süddeutsche Zeitung schreibt am 14.04.: "Moskau ist, das lässt sich nicht wegdeuten oder schönreden, derzeit Kriegstreiber, nicht Lösungssucher."

Auch linke Medien und Politiker erkennen mehr und mehr, dass der Ex-KGB-Agent Putin eher in Kategorien großrussischer Interessen und sowjetischer Ideologie denkt als in Kategorien der Demokratie, der Menschenrechte und des Rechtsstaats und dass er sich einen Dreck um die Souveränität und Integrität anderer Staaten schert. Und die westliche Öffentlichkeit merkt, dass Zugeständnisse und Verständnis von Putin als Schwäche ausgelegt werden und für ihn eher Ansporn sind, mit dieser aus seiner Sicht erfolgreichen Politik fortzufahren. Für die internationale Politik ist Russlands Außenpolitik unberechenbar geworden, das verbreitet Angst. Ein Wirtschaftspartner entwickelt sich immer mehr zu einem politischen Gegner, mit dem zahlreiche westliche Staaten wirtschaftlich eng verbunden und von dem einige EU-Staaten in der Energieversorgung sehr stark abhängig sind. Das verstärkt die europäische Angst. Angst ist aber keine gute Grundlage, um Konflikte zu lösen.

Deswegen hält Putin seine etwa 40.000 Soldaten in einsatzbereiten Verbänden an der Ostgrenze der Ukraine in Bereitschaft. Deswegen wagt Putin eine verdeckte Invasion nach dem erfolgreichen Krim-Muster. In mehreren Städten des Donbass haben professionell agierende Trupps modern und vorwiegend russisch bewaffneter Soldaten ohne Hoheitsabzeichen Verwaltungsgebäude, Polizeistationen, Geheimdienstbüros gestürmt. Russischsprachige maskierte Aktivisten übernehmen dann und gestalten eine neue autonome lokalpolitische Ordnung. Das sind keine friedlichen Demonstranten, das sind von russischen Kadern, Agitatoren und Militärs unterstützte Aktivisten, die die Ukraine im Sinne Moskaus destabilisieren wollen. Die westliche Welt ist ziemlich gemeinsam der Auffassung, dass Putin die Unruhen im Osten der Ukraine absichtlich geschürt hat und die uniformierten bewaffneten Besetzer durch seine Agitatoren ermutigt, nicht einzulenken. Moskau ist für die Eskalation des Konflikts verantwortlich und scheint die Ukraine von Osten her aufrollen zu wollen. Putin zeigt sich natürlich jetzt höchst scheinheilig sehr besorgt über die Lageentwicklung und greift beherzt und erfolgreich weiter in die Trickkiste seines bestens geschulten Propagandaapparats. Wenn Putin es aber ehrlich meinen würde, dann könnte er den ukrainischen Separatisten und Aktivisten öffentlich erklären, dass Russland nicht an einer Destabilisierung des Brundervolkes der Ukraine interessiert ist, dass es keine weiteren Annexionen ukrainischer Regionen durch die russische Föderation geben wird, dass die Separatisten von Russland keine Unterstützung illegaler Handlungen erwarten können und sie ihre bewaffneten Aktionen deswegen einstellen sollen. Einen solchen Beweis aufrichtiger friedensorientierter Politik wird Putin nicht erbringen, Präsident Obama und die EU fordern ihn aber dazu auch nicht auf. Man protestiert verhalten und ist erschrocken, dass Russland derzeit schaltet und waltet, wie Putin will.

Die EU hat nach der russischen Annexion der Krim in Abstimmung mit den USA einen vernünftigen, abgestuften Sanktionskatalog ausgearbeitet. Doch jetzt zögern beide, auch mit Verweis auf die am Donnerstag geplanten Gespräche mit Russland in Genf, schärfere Wirtschaftssanktionen zu verhängen. Seit Wochen warnt US-Präsident Obama, eine militärische Intervention im Osten der Ukraine würde Sanktionen mit sehr viel weitreichenderen Folgen nach sich ziehen als bisher. Bisher haben die USA keine solchen Maßnahmen ergriffen. Mit Rhetorik oder Nachgiebigkeit aber ist Putin nicht zu stoppen und die Ukraine nicht zu stabilisieren oder zu retten.

Großbritannien hat völlig Recht wenn es fordert, dass die EU nun zu härteren Sanktionen übergehen muss. Die USA müssen angekündigte Maßnahmen ergreifen, um nicht den letzten Rest an Glaubwürdigkeit als Supermacht zu verlieren. Auch die Nato muss sich stärker um das Vertrauen der osteuropäischen Mitgliedstaaten bemüht zeigen. Stillsitzen und mit offenen Gesprächskanälen abwarten in der Hoffnung, dass sich Putin zum Ausgleich und aktiv zur Deeskalation bereit findet, wäre ein gefährlicher Beweis von Schwäche und Naivität.

Wenn überhaupt irgendetwas den "Kriegstreiber" Putin und Russland stoppen kann, dann sind es Wirtschaftssanktionen, die richtig wehtun, über die man nicht mehr spotten kann und die den mächtigen und einflussreichen russischen Oligarchen richtig ans Portemonnaie gehen. Wenn die westliche Welt ihre Werte verteidigen will, dann müssen die USA gemeinsam mit den europäischen Staats- und Regierungschefs bereit sein zu handeln - auch wenn es in Teilen zulasten ihrer eigenen Wirtschaft geht.

(15.04.2014)

 

 

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