Hans-Heinrich Dieter

Langeweile im Bundestag?   (04.12.2017)

 

Medien berichteten kürzlich, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sich langweilen. Das ist eine schreckliche Vorstellung, denn langweilen tun sich eigentlich nur „Langweiler“ und die haben wir doch hoffentlich nicht als unsere Volksvertreter gewählt!

Man könnte auch eleganter formulieren und sagen, der personell größte Bundestag der bundesdeutschen Geschichte ruht vorwiegend in sich selbst. Aber für inhaltsarme innere Einkehr werden die Abgeordneten vom Steuerzahler nicht aufwendig finanziert. Die Abgeordneten werden bezahlt für parlamentarische Arbeit zum Wohl des deutschen Volkes, und damit sollte das Parlament möglichst bald anfangen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist als parlamentarische Demokratie verfasst. Das Parlament soll die Regierung im Auftrag des Volkes kontrollieren. Und die Regierung darf das Parlament nicht beeinflussen. Dafür sind insgesamt 23 Fachausschüsse zu bilden. Der Auswärtige Ausschuss, der Verteidigungs- sowie der EU- und der Petitionsausschuss sind sogar grundgesetzlich verankert und dabei hat der Verteidigungsausschuss das besondere Recht, bei Bedarf eigenständig einen Untersuchungsausschuss zu bilden. Die Regelungen sind gesetzlich wohl begründet und daher ist die augenblickliche „Hängepartie“ auch nicht hinzunehmen.

Deutschland ist wohl eine funktionierende parlamentarische Demokratie aber durchaus in gewissem Maße zur Parteiendemokratie „verkommen“. Man will deswegen möglichst einen Koalitionsvertrag und den Zuschnitt der Ministerien und die Entscheidungen über die jeweiligen Verantwortungsträger abwarten. Im Koalitionsvertrag sind dann die „Meinungen“ der Koalitions-Abgeordneten vertraglich schon vorfestgelegt und werden dann über den Fraktionszwang eingefordert. Dabei sind die Abgeordneten doch vom Grundsatz her frei und nur ihrem Gewissen verantwortlich! Der demokratische und parlamentarische Umgang mit dieser Freiheit ist den Parteiwohl-orientierten Politikern aber offenbar zu wenig stabilitätsstiftend und auch deswegen traut sich Kanzlerin Merkel nicht an eine Minderheitsregierung heran.

Dieses Abwarten wird der grundgesetzlich festgelegten Pflicht des Parlaments zur Kontrolle der Regierung nicht gerecht und auch die „geschäftsführende“ Regierung muss vollumfänglich kontrolliert werden. Da reicht es einfach nicht, dass bisher übergangsweise nur ein besonderer Hauptausschuss sowie der Geschäftsordnungs- und Petitionsausschuss konstituiert wurden. Außerdem gibt es genug zu tun! Und da darf man nicht abwarten bis die SPD sich vielleicht im neuen Jahr zu Koalitionsgesprächen bereitfindet und die sozialistischen Preise so hochtreibt, dass selbst die sozialdemokratisierte CDU keine Kompromisse mehr schließen kann, wenn sie bei nächsten Wahlen nicht SPD-mäßig absacken will. Dann blieben nur eine CDU-geführte Minderheitsregierung oder Neuwahlen und dann ist schon wieder parlamentarische Sommerpause. Die anstehenden politischen Probleme vertragen kein verlorenes Jahr! Die ins Auge gefassten Beratungen der Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen über das weitere Vorgehen bringen hoffentlich mutige Ergebnisse, so dass in der nächsten und letzten Sitzungswoche des Bundestages in 2017 noch der Ältestenrat, das Parlamentarische Kontrollgremium und mindestens die wesentlichen grundgesetzlich festgelegten Ausschüsse sowie der Haushaltsausschuss konstituiert werden können.

Damit könnte eine eingeschränkte parlamentarische Arbeitsfähigkeit hergestellt werden, die auch zum Beispiel die Vorbereitung von Gesetzesentwürfen zuließe. Das löst aber nur einen Teil der Probleme, denn es gibt zwar den Regierungsentwurf vom 28. Juni 2017 für den Bundeshaushalt 2018, aber der Haushalt kann mit einer geschäftsführenden Regierung nicht verabschiedet werden, deswegen bleibt es bei einer vorläufigen Haushaltsführung nach Artikel 111 des Grundgesetzes, die nur unbedingt nötige Ausgaben zulässt. Neue Anschaffungen im Bereich Verteidigung fallen nicht darunter!

Der zum „Sanierungsfall“ kaputtgesparten Bundeswehr kann nachhaltig und zukunftsorientiert nur eine möglichst bald gebildete neue Bundesregierung helfen, die von einem voll handlungsfähigen Parlament kontrolliert wird.

(04.12.2017)

 

 

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