Hans-Heinrich Dieter

Maulkorb-Wiederholungstäterin   (21.10.2018)

 

Verteidigungsministerin von der Leyen soll einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge Soldaten und Beamten der Bundeswehr Gespräche mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages verboten haben. Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der „Inneren FĂĽhrung“ der Bundeswehr wollte Frau von der Leyen den StaatsbĂĽrgern in Uniform schon einmal einen „Maulkorb“ verpassen. Man kann also mit groĂźer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Ministerin hier Wiederholungstäterin ist.

Damals hatte eine Ministeriumssprecherin erklärt, das Ministerium arbeite an einem „Compliance Management System“ wie es bisher in der Wirtschaft angewandt wird, das sich „an selbstgesetzten ethischen Standards orientieren“ wolle. Schon damals, im Jahr 2016, stellte sich die berechtigte Frage, ob die Bundeswehr ein „Compliance Management System“ und neue „selbstgesetzte ethische Standards“ braucht. Denn Soldaten, insbesondere Vorgesetzte, haben in unserer Demokratie bei ihren die Politik betreffenden Ă„uĂźerungen in und auĂźer Dienst ZurĂĽckhaltung zu wahren. Das verlangt schon der Primat der Politik. Und fĂĽr die deutschen StaatsbĂĽrger in Uniform gilt, dass ihr Verhalten dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die der Dienst als Soldat erfordert. Einzelheiten fĂĽr das Verhalten von Soldaten gegenĂĽber Vertretern der Ă–ffentlichkeit und des Parlamentes regelt das Soldatengesetz im § 8, Eintreten fĂĽr die demokratische Grundordnung, im § 10, Pflichten des Vorgesetzten, im § 13, Wahrheit, im §14, Verschwiegenheit, im §15, Politische Betätigung und im §17, Verhalten im und auĂźer Dienst. Es ist also alles geregelt!

Sinn und Zweck des „Compliance Management Systems“ und der neuen „selbstgesetzten ethischen Standards“ im Sinne von zusätzlichen Vorschriften war es wohl eher, das unglaubliche Ansinnen des ehemaligen Verteidigungs-Staatssekretärs StĂ©phane Beemelmans, der in einem internen Vermerk festgestellt hatte, dass “gegenĂĽber einer direkten Kommunikation der Inspekteure in den politisch-parlamentarischen Raum ein grundsätzlicher Vorbehalt” besteht, verbindlich zu machen. Damals haben die Obleute aller Fraktionen im Bundestag gegen diesen „Maulkorb“ heftig protestiert. Der Maulkorb wurde daraufhin durch eine persönliche Erklärung von Beemelmans vor dem Verteidigungsausschuss zurĂĽckgenommen.

Im Zusammenhang mit dem jetzigen Maulkorbversuch werden die Angehörigen des Ministeriums aufgefordert, „Gesprächsbitten aus dem parlamentarischen Raum“ zunächst an das Parlamentsreferat zu ĂĽbermitteln. Diese Pflicht ergebe sich aus der Geschäftsordnung des Ministeriums: „FĂĽr die Teilnahme eines Angehörigen des Ministeriums an einem Gespräch dienstlichen Inhalts mit Abgeordneten“ sei „grundsätzlich die Zustimmung des zuständigen Staatssekretärs herbeizufĂĽhren“. Das gelte nicht nur fĂĽr das Ministerium selbst, sondern auch fĂĽr die „nachgeordneten Dienststellen/Ă„mter“. Bisher gilt gemäß Geschäftsordnung des Ministeriums, dass Kontakte ins Parlament vorab angemeldet und erlaubt werden mĂĽssen. Mit dem neuen Maulkorb wird nun versucht, dieses Redeverbot auf die Soldaten und Mitarbeiter nachgeordneter Behörden und Ă„mter auszuweiten. Im Endeffekt wĂĽrde das bedeuten, dass kein Soldat oder Beamter mehr ohne Erlaubnis mit einem Abgeordneten sprechen darf.

Die Oppositionsparteien sind empört und sprechen auch von einem „Maulkorb“. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), erklärte: Das können wir uns nicht gefallen lassen. Wir werden auf unser Recht und unsere Verpflichtung pochen, mit unseren Soldaten zu reden. Es handelt sich nämlich um StaatsbĂĽrger in Uniform.“ Und die Abgeordneten bringen diesen neuerlichen Maulkorbversuch aus guten GrĂĽnden in Zusammenhang mit den staatsanwaltlichen Ermittlungen und politischen Aufklärungsversuchen zur „Berateraffäre“ von Ministerin von der Leyen.

Auch dieser neue Maulkorbversuch ist ungeheuerlich und ein neuer pauschaler, nicht begründeter Misstrauensbeweis der Ministerin gegenüber den Soldaten und Mitarbeitern der Bundeswehr. In der Parlamentsarmee Bundeswehr, in den Streitkräften und auch im Ministerium brauchen wir keine Maulkörbe, keine Angstkultur, sondern wir brauchen mündige und - wenn nötig - auch kritische Staatsbürger in Uniform, die unter Berücksichtigung des Soldatengesetzes und des Primats der Politik ihren Dienst tun, dazu gehört auch ein inhaltlicher Meinungsaustausch mit der Öffentlichkeit. Und von unseren Volksvertretern kann man erwarten, dass sie sich weiterhin bei Bedarf im direkten Gespräch mit Soldaten und Beamten ihr eigenes Bild machen wollen.

Deswegen ist zu hoffen, dass der Bundestag diesen Maulkorbversuch strikt zurückweist und auch auf politischer Ebene alles unternimmt, um die Berateraffäre aufzuklären. Das Parlament darf es nicht zulassen, dass die eigensüchtig, selbstverliebt, arrogant und empathielos wirkende, stark eingeschränkt leistungsfähige und offenbar in Panik geratene Ministerin die Bürger in Uniform in Richtung Untertan in Uniform zurückdrängt!

(21.10.2018)

 

 

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