Hans-Heinrich Dieter

Mehr Panzer für die Bundeswehr?   (28.02.2015)

 

Die aktuell gültigen Verteidigungspolitischen Richtlinien wurden im Mai 2011 erlassen. Sie tragen den Titel: "Nationale Interessen wahren, Internationale Verantwortung übernehmen, Sicherheit gemeinsam gestalten" und sind sowohl strategischer Rahmen für die Aufgabenerfüllung der Bundeswehr als auch Grundlage für die "Neuausrichtung" der Bundeswehr. Die Konzeption der Bundeswehr vom Juli 2013 beschreibt, wie die Bundeswehr ihren in den Verteidigungspolitischen Richtlinien festgelegten Auftrag erfüllen soll und gibt den Rahmen vor, in dem sich die Gesamtorganisation Bundeswehr weiterentwickeln und sich verändernde Bedingungen und Herausforderungen anpassen kann. Die Neuausrichtung der Streitkräfte wurde von der Politik als die "tiefgreifendste Reform in der Geschichte der Bundeswehr" bezeichnet und wird seit Ende 2011 umgesetzt. Die Struktur der zukünftigen Panzertruppe ist Teil der im Detail geplanten und politisch entschiedenen Neuausrichtung. Diese Grundlagen sind unverändert gültig.

Beim Studium der Medien gewinnt man nun seit Freitag den Eindruck, als ob Frau von der Leyen die Abschreckung des aggressiven Autokraten Putin kraft eigener Entscheidungen mit einer nachgesteuerten Bundeswehr gewährleisten will. In der FAZ-online heißt es zum Beispiel: "Als Reaktion auf die Ukraine-Krise und den Konflikt mit Russland stellt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die bisherigen Obergrenzen für große Waffensysteme in Frage. Das betrifft besonders die Anzahl der Panzer. Auch soll es ein neues Panzer-Bataillon geben." und "Vor dem Hintergrund der russischen Aggression in der Ukraine verlangen viele östliche Nato-Partner nach einer Reaktion der Nato. Deutschland als führende Wirtschaftsnation in Europa soll seinen Teil zur Abschreckung der russischen Aktivitäten leisten." Da ist die Rede von "Kettenrasseln" und von der Reanimation von Panzern als "militärische Relikte" des Kalten Krieges" mit dem Fazit: "Und in der Summe heißt das auch: Bundeswehrreform - kehrt marsch!"

Was sind die Fakten? Verteidigungsministerin von der Leyen hat der Redaktion der Zeitschrift des deutschen Bundeswehrverbandes "Die Bundeswehr" wohl für die nächste Ausgabe ein Interview gegeben. Darin bezieht sich die Ministerin natürlich auf das veränderte Sicherheitsumfeld des Krisenjahres 2014 und bringt zum Ausdruck, dass sie das "flexible Verfügungsmanagement" überdenken will und dass die bisher beschlossenen Obergrenzen für Panzer (225) und andere große Waffensysteme sowie die Reaktivierung eines Panzerbataillons geprüft würden. Dazu sagte sie: "In einem ersten Schritt wollen wir zum Beispiel mit der Praxis Schluss machen, dass wir überschüssiges gutes Material, beispielsweise Leopard 2, abgeben oder verschrotten." Die Ministerin rückt auch vom Strukturprinzip "Breite vor Tiefe" ab, das den Erhalt der meisten Truppengattungen, aber mit weniger Gerät vorsieht. Die Bundeswehr sollte demnach alle militärischen Fähigkeiten haben, aber nur in begrenztem Umfang - oder anders ausgedrückt, die Streitkräfte sollten alles können aber nichts richtig und vollständig.Von der Leyen hingegen drängt auf eine bessere Aufgabenverteilung innerhalb der NATO - deutsche Soldaten müssen in ihren Augen eben nicht alles können, aber in ihren Spezialbereichen besonders gut sein. Das Fazit der Ministerin: "Mittel- und langfristig muss der Verteidigungsetat auf gesunden Füßen stehen." Ganz offensichtlich will die Verteidigungsministerin die Bundeswehr mehr oder weniger intern darüber informieren, was derzeit so gedacht und geplant wird. Mehr als die Ankündigung kleiner aber wichtiger Korrekturen der Neuausrichtung gibt das Interview nicht her.

Es ist aber positiv, dass Frau von der Leyen auf die veränderte sicherheitspolitische Lage reagiert. Warum intaktes Großgerät, das unsere baltischen Partner möglicherweise gut nutzen können, ausmustern und verschrotten? Das kostet allerdings schon kurzfristig mehr Geld für den Unterhalt. Warum sollten wir nicht ein kleines Signal auch in Richtung NATO schicken, dass man an der Erfüllung von NATO-Vereinbarungen arbeitet? Die NATO erwartet die frühzeitige, vereinbarungsgemäße Aufstockung der Verteidigungshaushalte. Die Truppe wird es außerdem freuen, wenn tatsächlich mit dem äußerst fragwürdigen Prinzip "Breite vor Tiefe" und dem daraus resultierenden "flexiblen Verfügungsmanagement" Schluss gemacht würde. Allerdings würde für die Vollausstattung der aktiven Truppenteile auch kurzfristig deutlich mehr Geld gebraucht. Die Diskussion, ob die Parlamentsarmee Bundeswehr zukünftig für Kriseneinsätze und die Befähigung zur Bündnisverteidigung zum Beispiel mehr Panzer oder hinreichend viele waffenfähige Drohnen braucht, muss grundsätzlich, breit im Bundestag und auch öffentlich geführt werden.

Und wenn Bundesfinanzminister Schäuble dann kurz nach Frau von der Leyen feststellt, dass angesichts der Krisen und Instabilitäten in der Welt Deutschland künftig höhere Ausgaben für Verteidigung werde schultern müssen und daher der Bundeswehr mittelfristig ( ab 2017) mehr Geld in Aussicht stellt, dann gibt es erste zarte Aussichten auf eine positive aber zu späte Entwicklung bei der Steigerung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr.

(28.02.2015)

 

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