Hans-Heinrich Dieter

Mutiger General   (03.11.2014)

 

Der "Planungsvorschlag 2016" ist ein als Verschlusssache eingestuftes Dokument des Planungsamtes der Bundeswehr. Auf dieser Grundlage analysiert das Ministerium den Finanzbedarf für den Verteidigungs-Haushalt. Die Verschlusssache liegt Medien inzwischen vor.

Im Anschreiben zur Vorlage des Dokumentes macht der Leiter des Planungsamtes, Generalmajor Frank Leidenberger, einige wichtige Aussagen zur Planungssituation und zur Finanzlage der Bundeswehr. Im Kern lassen sich die Aussagen so zusammenfassen:

Der aus den Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr "abzuleitende Ausrüstungsbedarf" für eine Truppe, die weiterhin alles können soll ("Breite vor Tiefe"), ist "im Planungszeitraum nicht mit finanziellen Mitteln hinterlegt". Wenn die Finanzmittel mittelfristig nicht erhöht werden, muss die Neuausrichtung der Bundeswehr überdacht werden. Die Materialerhaltung ist für "den laufenden Betrieb der Bundeswehr mit teilweise bereits in erheblichem Umfang prognostizierten Einschränkungen nur kurzfristig knapp sicherzustellen." Für den Materialerhalt braucht man mindestens etwa 200 Millionen Euro jährlich mehr. Der Planungsvorschlag 2016 fußt - wie in den vergangenen Jahren - auf einer "Ausplanung am absoluten Minimum". Bei unverändertem Finanzrahmen werden Eingriffe in Strukturen mit einhergehendem Fähigkeitsverzicht erforderlich, um Materialumfänge zu reduzieren. Bevor Fähigkeitsverzicht durch die Finanzlage erzwungen wird, sollten die Zielvorgaben präzisiert und Prioritäten festgelegt werden.

Heer, Luftwaffe und Marine haben den Planungsvorschlag kommentiert und aus der jeweiligen Sicht zum Ausdruck gebracht, in welchem Maß bei gleichbleibendem Finanzrahmen die Einsatzfähigkeit teilweise dramatisch beeinträchtigt wird. Dabei ist der Finanzbedarf des Maßnahmenpakets zur Attraktivitätssteigerung bisher nicht berücksichtigt. Das Ministerium weist zunächst darauf hin, dass es sich bei dem Vorschlag nicht um ein ministerielles Dokument handelt.

Ministerielles Papier hin oder her, die Bundeswehr hat massive Einsatzbereitschaftsprobleme, die auf jahrelage Unterfinanzierung - oder in der Planersprache auf jahrelang praktizierte "Ausplanung am Minimum" - zurückzuführen sind. Weitere Gründe sind sicher Missmanagement im Rüstungs- und Beschaffungswesen sowie eine offenbar häufig unzureichende Vertragsgestaltung bei Rüstungsprojekten durch die Rechtsabteilung des BMVg. An der Neuordnung des Rüstungs- und Beschaffungswesens wird gearbeitet. Nun muss Verteidigungsministerin von der Leyen das Parlament vom erhöhten Finanzbedarf in den nächsten Jahren überzeugen. Ein neues Weißbuch wird da nicht genügen. Wir brauchen neue verteidigungspolitische Richtlinien und eine neue Konzeption der Bundeswehr als vom Parlament verabschiedete Grundlagen für zukünftige Planungen. Denn wenn Eingriffe in die Strukturen und eine Überarbeitung der Neuausrichtung der Bundeswehr erforderlich sind, dann dürfen Eingriffe nicht aufgrund von Finanznot vorgenommen werden, sondern auf der Grundlage unserer sicherheitspolitischen sowie strategischen Zielvorstellungen und unserer Bündnisverpflichtungen gegenüber Europa und der NATO.

Die deutsche Gesellschaft muss entscheiden, welche Streitkräfte sie in Zukunft haben und einsetzen will und in welcher Qualität Deutschland seine Bündnisverpflichtungen zukünftig erfüllen will. Das kostet mehr Steuergeld als bisher verfügbar gemacht wurde. Davon muss auch der Bundesfinanzminister überzeugt werden und die Abgeordneten der Koalition täten gut daran, die Ministerin bei dieser schweren Aufgabe zu unterstützen. Mit den mutigen Aussagen des Planungsgenerals sollten sich daher auch die Volksvertreter intensiv auseinandersetzen.

(03.11.2014)

 

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