Hans-Heinrich Dieter

NATO-Verteidigungsinvestitionen   (14.02.2017)

 

Bei der anstehenden Münchner Sicherheitskonferenz wird die Verlässlichkeit der transatlantischen Beziehungen zweifellos eines der zentralen Themen sein. Traditionell ist die Anzahl der teilnehmenden US-Parlamentarier um Senator John McCain groß und der US-Vice-President Pence ist als Gast angekündigt.

Die Verlässlichkeit der transatlantischen Beziehungen wird in den nächsten Jahren wesentlich davon beeinflusst werden, in welcher Qualität die europäischen NATO-Mitglieder tatsächlich bereit und in der Lage sind - wie 2014 in Wales vereinbart - jeweils 2 Prozent des jeweiligen Brutto-Inlands-Produktes (BIP) in die gemeinsame Verteidigung zu investieren.Und die neue US-Administration fordert die größeren Anstrengungen ja auch mit großer Berechtigung.

Da kommt der entsprechende Bericht des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) „Military Balance 2017“ zur rechten Zeit. Die positive Nachricht ist, dass die europäischen Nato-Staaten und Kanada ihre Verteidigungsausgaben im vergangenen Jahr stärker erhöht haben als erwartet. Generalsekretär Stoltenberg sagte in Brüssel, dass die Investitionen 2016 um zehn Milliarden US-Dollar gestiegen seien, was einem Plus von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Erwartet worden war lediglich ein Anstieg von drei Prozent.

Aus dem Bericht des IISS geht allerdings auch hervor, dass fast alle NATO-Staaten ihr selbstgestecktes Ziel verfehlt haben, zwei Prozent ihres BIP in die gemeinsame Verteidigung zu investieren. Das Ziel erreicht haben offensichtlich nur noch die USA, Estland und Griechenland. Polen ist inzwischen, wie auch Großbritannien - der verlässlichste amerikanische Verbündete in Europa - unter die Zwei-Prozent-Marke gerutscht.

Deswegen hat NATO-Generalsekretär Stoltenberg recht, wenn er mehr Anstrengung einfordert und betont, dass eine faire Lastenteilung im Bündnis Priorität auf der NATO-Agenda hat.

Während die Verteidigungshaushalte in Europa nur langsam und unzureichend steigen, rüstet Asien weiter kräftig auf. Das IISS stellt in Asien allgemein Steigerungsraten zwischen fünf und sechs Prozent fest. China, das mit rund 145 Milliarden Dollar hinter den Vereinigten Staaten (604,5 Milliarden Dollar) über den zweitgrößten Verteidigungshaushalt verfügt, verkürzt seinen technologischen Rückstand zum Westen deutlich.

Russland hat in den vergangenen Jahren ein gigantisches Rüstungsprogramm aufgelegt, um seine Streitkräfte zu modernisieren, offensichtlich mit Erfolg, denn im Bereich der Raketenartillerie verfügt Russland inzwischen über eine größere Reichweite als die entsprechenden Systeme der Nato.

Vor diesem Hintergrund sehen die Wissenschftler des IISS den "Spielraum für militärische Operationen des Westens" entsprechend schrumpfen. Deswegen dürfen die europäischen Mitgliedstaaten der NATO, allen voran Deutschland nicht nur von Anstrengungen und größerer Verantwortung reden, sie müssen durch Fakten überzeugen und ihrer Verantwortung auch militärisch gerecht werden. Und deswegen müssen sich hauptsächlich deutsche Politiker von der friedensbewegten Vorstellung lösen, dass es reine "militärische Lösungen" sowieso nicht gebe - das ist immer nur eine feige Ausflucht und auch falsche Begründung der "Steinmeiers" dafür, dass man sich heraushalten und keine Verantwortung übernehmen will. Natürlich gibt es keine "reinen" militärischen Lösungen, wer glaubt schon so etwas. Aber nur der Einsatz militärischer Mittel schafft in schwieriger Lage häufig die Rahmenbedingungen für eine politische Lösung.

In der realen sicherheitspolitischen Welt Syriens hat Putin als Gegner Europas und der westlichen Welt mit militärischen Mitteln Fakten geschaffen und die USA und Europa an den Rand sowie in ziemliche Bedeutungslosigkeit gedrängt. Wer in unserer sich ändernden, nicht gerade friedlichen Welt seine Interessen vertreten können will, muss über leistungsfähige Streitkräfte verfügen. Um seiner Verantwortung in und für die NATO gerecht zu werden, muss Deutschland unverzüglich die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr deutlich erhöhen und in möglichst kurzer Zeit das NATO-Ziel -2 Prozent BIP - als jährliche Verteidigungsinvestition erreichen.

(14.02.2017)

 

 

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