Hans-Heinrich Dieter

NATO gegen Russland   (07.12.2018)

 

Auf die illegale Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, auf die ständige Destabilisierung der Ukraine und auf die Stationierung von Truppen in Georgien sowie zahlreiche Cyberattacken hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg jeweils konsequent reagiert, die NATO als westliches Verteidigungsbündnis sicherheitspolitisch glaubhaft eingebracht und zusammen mit den NATO-Partnern in Polen und im Baltikum der aggressiven Politik Russlands entgegengewirkt.

Auch beim jüngsten Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel ging es  vorrangig um den politischen Konflikt mit einem zunehmend aggressiven Russland im Zusammenhang mit der jüngsten Eskalation der Krise zwischen Russland und der Ukraine im Asowschen Meer und mit der Feststellung, dass Moskau offenbar die Regularien des INF-Vertrages verletzt. Dieser Vertrag verbietet es den USA und Russland, landgestützte, atomare Mittelstrecken-Raketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern zu produzieren, zu besitzen oder zu testen. Die USA haben nun erklärt, dass das neue russische Raketensystem 9M729 im Widerspruch zum INF-Vertrag steht.

Die NATO hat die Gewaltanwendung Russlands im Konflikt mit der Ukraine in der Meeresenge von Kertsch verurteilt: „Wir rufen zu Ruhe und Zurückhaltung auf, Russland muss die Schiffe und Besatzung freilassen und ungehinderten Zugang zum Asowschen Meer gewähren.“

Und im Zusammenhang mit dem INF-Vertrag haben die NATO-Staaten Russland - erstmals geschlossen - eine Vertragsverletzung vorgeworfen und die Außenminister aller NATO-Mitglieder stützten die Position der USA, die Russland eine Frist von 60 Tagen gesetzt haben, um die Regularien des INF-Vertrags zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen wieder einzuhalten.

Konsequenzen sollen allerdings erst eingeleitet werden, wenn Moskau Aufforderungen nach einer Vernichtung der Waffen ignoriert. Militärische Maßnahmen will und kann die NATO allerdings nicht ergreifen. Die NATO setzt auf glaubhafte Abschreckung und Verteidigung kombiniert mit politischem Dialog. Die USA wollen aber möglicherweise den INF-Vertrag aufkündigen, wenn Russland den Rüstungskontrollvertrag weiterhin verletzt. Auch das würde allerdings die transatlantische Sicherheit gefährden.

Immerhin handelt die NATO politisch im Rahmen ihrer Möglichkeiten, während die Europäische Union sich stark zurückhält. Die EU hat zwar ihr Unverständnis für die russische Aggression im Asowschen Meer zum Ausdruck gebracht, aber eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland sind derzeit nicht geplant. Dabei wäre das die einzige Sprache, die Putin versteht. Und gute Gründe für neue Sanktionen seitens der EU gibt es genug.

Die Annexion der Krim durch Russland hat zu solchen Sanktionen geführt. Der Bau der Brücke über die Straße von Kertsch durch Russland ist eine klare Verletzung des internationalen Rechts sowie der ukrainischen Souveränität. Es handelt sich hier um eine russische Machtausdehnung und Aggression im Zusammenhang mit der Annexion der Krim mit dem Ziel, das Asowsche Meer zu beherrschen. Dieser Machtanspruch Russlands wird durch das Behindern und Verhindern ukrainischen Schiffsverkehrs seit Monaten zugespitzt. Die internationale Gemeinschaft hat allerdings dieses rechtswidrige Verhalten kaum zur Kenntnis genommen.

Dann schickt Putin seine Kanonenboote in die Straße von Kertsch, beschießt und kapert nach Piratenmanier in internationalen Gewässern ukrainische Schiffe, setzt verwundete Seeleute fest und verschleppt sie ins Lefortowo-Gefängnis nach Moskau und beschuldigt die Ukraine der Provokation! Erst im Zusammenhang mit diesem Zwischenfall an der Brücke von Kertsch wacht die westliche Welt auf. Das ist unzureichende europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Das Minsker Abkommen wird von Russland torpediert. An einer internationalen Vermittlung im Kertsch-Konflikt, etwa im Rahmen des von der deutschen Kanzlerin vorgeschlagenen Normandie-Formats, ist Putin nicht interessiert. Wenn Russland die Nachteile seines Handelns nicht spürbar aufgezeigt werden, dann wird Putin frech und dreist weiter Recht brechen, um die Kontrolle über das Asowsche Meer zu zementieren und den Machtanspruch in Richtung Schwarzes Meer auszuweiten. Dann allerdings sind auch die Interessen von NATO-Anrainerstaaten stark berührt.

Die verstärkte Zusammenarbeit der NATO und EU in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist wichtig für die transatlantische Sicherheit. Deswegen sollte die EU die NATO deutlicher, sichtbarer und wirkungsvoller unterstützen. Verschärfte Sanktionen können da ein wirksames Mittel sein, um Putin von weiteren Rechtsbrüchen abzuhalten. Und Deutschland sollte darüber nachdenken, ob es nicht zum Zusammenhalt der EU durch ein Moratorium beim Projekt Nordstream 2 beitragen und gleichzeitig Russland damit ein deutliches Zeichen geben sollte, dass seine aggressive, gegen die westliche Welt gerichtete Politik verurteilt wird.

(07.12.2018)

 

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