Hans-Heinrich Dieter

Willkür nach § 54 des Bundesbeamtengesetzes? (17.07.2012)

 

Familienministerin Schröder hat für ihre ehemalige Abteilungsleiterin für Frauen- und Gleichstellungspolitik beim Bundespräsidenten die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach § 54 Bundesbeamtengesetz beantragt. Der Bundespräsident hat dem Antrag stattgegeben. Soweit die Fakten.

Das Geschrei in den Medien ist groß und teilweise sehr unsachlich. Frau Müller vom ARD-Hauptstadtstudio z.B. schreibt : "Familienministerin Schröder hat ihre Abteilungsleiterin für Frauen- und Gleichstellungspolitik entlassen." und sie spricht von Rausschmiss.

Die Opposition und Frauenrechtlerinnen sind natürlich auch empört. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese spricht sogar von einem Skandal und meint, es sei völlig unüblich, ein Jahr vor der Bundestagswahl eine Abteilungsleiterin zu entlassen. Sogar der Deutsche Juristinnenbund soll protestiert haben und die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros schreibt an die Kanzlerin, die Entscheidung der Ministerin sei ein bestürzendes Signal.

Im § 54 BBG (Bundesbeamtengesetz) heißt es:

"Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident kann jederzeit die nachfolgend genannten politischen Beamtinnen und politischen Beamten in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn sie Beamtinnen auf Lebenszeit oder Beamte auf Lebenszeit sind:" (es folgt die Aufzählung der betroffenen Dienststellungen und Besoldungsgruppen.)

Mit dieser Vorschrift will man die Amtsführung der politischen Beamten in bestmöglicher Übereinstimmung mit der Regierungspolitik halten. Deswegen genügt es, dass z.B. ein Minister dem Bundespräsidenten gegenüber plausibel erklärt, dass er das Vertrauen in einen politischen Beamten verloren hat und der Bundespräsident dem Minister das glaubt.

"Dabei ist das Vertrauen nicht nur bei abweichenden politischen Ansichten, sondern auch dann gestört, wenn die Regierung bzw. der Minister Zweifel daran hegt, dass die fachliche und persönliche Eignung des politischen Beamten (Soldaten), seine Amtstätigkeit oder auch nur sein außerdienstliches Verhalten den höchstmöglichen Grad einer zielstrebigen, wirkungsvollen Zusammenarbeit im Sinne der von ihr verfolgten Politik gewährleistet. Solche Zweifel können auch durch Unwägbarkeiten, sog. Imponderabilien, veranlasst sein, die nicht stets genau zu umreißen sind und deren Offenlegung im einzelnen nicht immer im Sinne der gesetzlichen Regelung liegt. Der zugrundeliegende Sachverhalt muss also nicht aufgrund tatsächlicher Umstände feststehen. Ein schuldhaftes oder auch nur objektiv pflichtwidriges Verhalten wird ebenso nicht vorausgesetzt. Ebenso wenig, dass dem politischen Beamten (Soldaten) schlechte Arbeit unterstellt wird. Die Maßnahme stellt keine Disqualifizierung des politischen Beamten (Soldaten) dar, sie ist ausschließlich eine dienstrechtliche Maßnahme im Interesse der politischen Führung." So begründete das Verwaltungsgericht Köln sein Urteil in einem ähnlich gelagerten Fall nach dem sinngleichen § 50 Soldatengesetz.

Die Ministerin Schröder ist sehr unbeliebt, hauptsächlich bei Frauen. Sie wird angefeindet und es gelingt in der öffentlichen Diskussion häufig nicht, sich emotionslos mit ihrer Politik auseinanderzusetzen. Deswegen wundert der Aufschrei nicht, aber der Protest hat eine falsche Zielsetzung. Die Ministerin handelt auf der Grundlage geltenden Rechtes. Sie hat ihren Vertrauensverlust offensichtlich dem Bundespräsidenten gegenüber glaubhaft vermittelt und der Bundespräsident hat die dienstrechtliche Maßnahme gegen Frau Welskop-Deffaa verfügt.

Wenn man protestiert, dann sollte man gegen den § 54 BBG (und analog gegen den § 50 Soldatengesetz) zu Felde ziehen. Denn wenn der § 54 BBG analog zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes Köln ausgelegt wird, dann reicht es im Zweifel auch, dass dem Minister die Nase des politischen Beamten nicht passt und dem Missbrauch und der willkürlichen Anwendung auf der Grundlage von „Unwägbarkeiten“ und „Imponderabilien“ sind Tür und Tor geöffnet. Auch wenn solcher Missbrauch im akuten Fall vielleicht nicht vorliegen mag, sollten die Gesetze, die die Versetzung von politischen Beamten und Generalen in den einstweiligen Ruhestand regeln, Willkür zweifelsfrei ausschließen.

Mögliche Willkür kann nur weitestgehend ausgeschlossen werden, wenn z.B. ein Vertrauensgremium des Deutschen Bundestages einen entsprechenden Antrag prüft und dem Bundespräsidenten eine Empfehlung hinsichtlich der ins Auge gefassten dienstrechtlichen Maßnahme gibt. In diesem Sinne sollten die § 54 BBG und § 50 Soldatengesetz geändert oder ungültig werden.

(17.07.2012)

 

 

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