Hans-Heinrich Dieter

Persönlichkeit mit Kopf und Charakter gesucht   (17.10.2016)

 

Die Bundesversammlung soll am 12. Februar 2017 einen neuen Bundespräsidenten wählen. Und nachdem der zum Staatsoberhaupt avancierte evangelische Pfarrer Gauck aus Altersgründen nicht mehr antritt, werden Politik und Medien langsam unruhig.

Gesucht wird eine profilierte, integere, vertrauenswürdige und aussagekräftige Persönlichkeit mit Kopf und Charakter oder ein "elder statesman". Da spielt eine Religionszugehörigkeit tatsächlich nur eine nachgeordnete Rolle. Wenn das deutsche Staatsoberhaupt allerdings in unserer christlich jüdischen Kultur und auf der Grundlage unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung sozialisiert wurde, wird es einem solchen Inhaber des höchsten Staatsamtes leichter fallen, die Mehrheit der deutschen Bürger zu repräsentieren und die Bürger werden einen solchen Bundespräsidenten leichter akzeptieren. Dass Gauck in dem Zusammenhang dem Evangelischen Presse-Dienst sagt, er wolle auch einen Muslim als Bundespräsidenten nicht ausschließen, ist als Spielart eines deutschen Gutmenschen-Populismus zu verstehen.

Derzeit werden in den unterschiedlichsten Medien die unterschiedlichsten Personen in einem breiten Persönlichkeitsspektrum gehandelt. Und mehr oder weniger verdiente Politiker machen - manchmal etwas voreilig - auch konkrete bis skurrile Vorschläge.

Die SPD ist sich, wie meistens, uneinig. Generalsekretärin Barley schlägt F. W. Steinmeier vor. Er erfüllt zwar nicht die "elder statesman"-Kriterien, aber er hat seiner Frau eine Niere gespendet und ist schon deswegen ein Kandidat als "Bundespräsident der Herzen". Doch wir wollten ja eine Persönlichkeit mit Kopf und Charakter. Und da erscheint es wenig vertrauenswürdig, dass Steinmeier die Außenpolitik der Bundesregierung und der EU ständig durch Nebenaußenpolitik hintertreibt und die Sicherheitspolitik der NATO sowie ihres deutschen Mitgliedes als Säbelrasseln verleumdet. Als aussagekräftig kann man den deutschen Außenminister auch nicht bezeichnen, denn bisher fällt er eher durch nichtssagenden Diplomatensprech mit ständig wiederholten Platitüden und Polit-Stereotypen auf. Da passt die Kurzformel "beliebt aber ungeeignet!"

Parteichef Gabriel schlägt offenbar nicht hinreichend abgesprochen die “Kirchenpopulistin” Käßmann als Kandidatin vor - und erhält kurze Zeit später eine Abfuhr. Gott sei Dank, denn Frau Käßmann hat ganz besondere charakterliche Ausprägungen. Und im Hinblick auf die SPD kann man froh sein, dass Altkanzler Schröder nicht vorgeschlagen wird. Denn der hätte, im Einklang mit sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik, den großen Vorteil, dass er mit dem russischen Präsidenten Putin auf Augenhöhe, quasi von lupenreinem Demokraten zu lupenreinem Demokraten, Gespräche führen könnte. Als Lobbyist eines russischen Staatskonzerns ist er allerdings abhängig und deswegen wenig vertrauenswürdig.

Man wundert sich, dass die Grünen Ministerpräsident Kretschmann noch nicht so richtig ins Spiel gebracht haben. Er verkörpert deutsche Nachkriegs-Geschichte, vom wilden jugendlichen Kommunisten im Lehramt zum erwachsenen leicht geschwärzten Grünen. Er ist die Fleisch-gewordene integere, glaubwürdige und ein wenig spießige Biederkeit. Außerhalb Baden Württembergs ist er allerdings schwer zu verstehen, denn wie alle Schwaben kann er alles, außer Hochdeutsch. Besser nicht!

Und da ist ja noch Joschka Fischer als grünes, allerdings dort nicht mehr so geschätztes, Urgestein. Der hat jahrelang die Liste der beliebtesten deutschen Politiker angeführt, hat es vom ungelernten Hilfsarbeiter ohne Schulabschluss und Schlägerchef in einer Frankfurter Putztruppe immerhin zum Außenminister und Vizekanzler in Deutschland gebracht. Er war außerdem in den USA Honorarprofessor, allerdings mit einem beigeordneten ordentlichen Professor zur Gewährleistung der akademischen Qualität. Die Amerikaner gingen offenbar davon aus, dass einer, der als geistiger Tellerwäscher angefangen hat, sich zum geistigen Multi entwickeln kann. Fischer würde Deutschland lautstark mit weltschmerzverzerrtem Gesicht vertreten, das kann er. Aber auch er tingelt als auf seinen finanziellen Vorteil bedachter Lobbyist deutscher Konzerne, und damit als Abhängiger, durch die Welt.

Die Linke tut sich mit geeigneten Persönlichkeiten naturgemäß sehr schwer. Mit der Wahl Oskar Lafontaines könnte man die jahrelangen Bemühungen der Linken um unsere Freiheitlich Demokratische Grundordnung honorieren, hätte den Ehrgeiz dieses "gereiften und profilierten Saarländers" befriedigt und ihn in der Tagespolitik aus dem Weg geschafft. Deutschland wäre wortgewaltig vertreten. Mit den Inhalten würden wir uns allerdings lächerlich machen.

Die CDU hält sich bisher bedeckt, denn Kanzlerin Merkel ist noch nicht so weit. Und wenn die immer noch alleinherrschende Parteichefin noch nicht so weit ist, dann ist die CDU halt auch noch nicht so weit. Die Medien spekulieren mit Finanzminister Schäuble, der die Qualitäten eines "elder statesman" hat, der aber in der Finanzpolitik noch gebraucht wird und in Deutschland und in Europa nicht so "beliebt" ist. Und Bundestagspräsident Lammert wird gehandelt, der von Kopf und Charakter die besten Voraussetzungen mitzubringen scheint, aber der mit dem Deutschen Bundestag die teilweise verfehlte Flüchtlingspolitik der Kanzlerin und der Bundesregierung parlamentarisch unzureichend kontrolliert hat.

Schade, irgendwas fehlt immer oder passt nicht. Kanzlerin Merkel wird es mit Spitzenvertretern der Großen Koalition in irgendeinem Hinterzimmer richten!

(17.10.2016)

 

 

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