Hans-Heinrich Dieter

Beschränkte populistische Politik   (01.04.2013)

 

Die Bundeswehr hat erhebliche Fähigkeitslücken, insbesondere in der materiellen Führungsfähigkeit, bei ihrer Aufklärungskapazität, bei der Luftbeweglichkeit, einschließlich der Luftrettung, und bei der Luftnahunterstützung. Die Bundeswehr im Afghanistan-Einsatz ist heute sehr stark von der Unterstützung durch die Amerikaner bei Kernfähigkeiten abhängig. Aufklärungsdrohnen und bewaffnete unbemannte Flugzeuge sind daher eine unbedingt notwendige Erweiterung der militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr. Verteidigungsminister de Maizière bemüht sich qua Amt, mit guten Gründen und aus Überzeugung für eine zeitnahe Beschaffung von Drohnen.

Dass die Opposition aus ideologischen und Wahlkampfgründen dagegen Stimmung macht, ist nicht erstaunlich. Auch die Totschlagbegriffe, "gezielte Hinrichtung von Menschen durch `Killerkommandos`", "Barbarei der Drohnen", "brutale, schonungslose Mörderwaffen" und weiterer Unsinn sind bekannt. Dass die linken und grünen Ostermarschierer aus der Mottenkiste herauskommen und ein neues Aufregerthema haben, gibt der sterbenden, weil thematisch immer weniger fundierten, Bewegung etwas Auftrieb.

In der SPD hat man früher den einen oder anderen "vaterlandslosen Gesellen" erkannt und der CDU/CSU hat man dagegen durchaus sicherheitspolitische Kompetenz zugebilligt. O tempora, o mores, die SPD ist als Partei, die Euro-Bonds befürwortet, die mit beachtlicher Inbrunst die widerliche "Internationale" singt und immer noch Politikern huldigt, die Putin für einen lupenreinen Demokraten halten und als Lobbyist russischer Großunternehmen ein großes Geld verdienen, immer noch durchsetzt von "vaterlandslosen Gesellen". Das wirklich Schlimme ist, dass sich die CDU/CSU auf diese “Gesellen” zubewegt.

Die CDU ist überhastet aus der Wehrpflicht ausgestiegen, mit den bekannten Problemen. Die CDU lässt es als stärkste Partei der Koalition zu, dass die Bundeswehr weiterhin eklatant unterfinanziert ist. Die CDU lässt es als stärkste Partei der schwarz/gelben Koalition zu, dass unsere Soldaten der Bundeswehr mit eklatanten Fähigkeitslücken in kriegsähnliche Einsätze geschickt werden. Und nun melden sich CDU-Verteidigungspolitiker, bzw. solche die sich dafür halten, zu Wort und beflügeln die Ostermarschierer.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Karl Lamers, CDU, sagt: . "Einen Zeitdruck, eine solche Entscheidung vor der Bundestagswahl abschließend zu treffen, sehe ich nicht. Sorgfalt geht vor Eile". Lamers weiß, dass der Leasingvertrag für Aufklärungsdrohnen 2014 ausläuft und dass eine europäische Drohnenlösung nicht vor 2020 in ersten Ansätzen wirksam werden kann. Gleichzeitig wirft er seinem Parteifreund de Maizière mangelnde Sorgfalt vor und entlarvt sich - blöderweise - selbst, indem er die Bundestagswahl als Kriterium in die sicherheitspolitische Diskussion einbringt. Ähnlich beschränkt äußert sich der verteidigungspolitische Sprecher der CDU, Ernst-Reinhard Beck: Es bestehe "kein akuter Handlungsbedarf". Und er plädiert für eine mittelfristige gemeinsame europäische Lösung für eine Kampfdrohne. Dabei weiß auch er als Mittelschullehrer, dass eine solche Kampfdrohne nicht vor 2025 wirksam eingesetzt werden könnte. Also auch hier wahlkampforientiertes und wenig verantwortungsvolles Abwiegeln. Und der CDU-Verteidigungspolitiker Bernd Siebert schießt beim Wettbewerb um die dümmste Aussage zur Drohnenbeschaffung den Vogel ab, indem er äußert, dass es vor Ende dieser Legislaturperiode kein "Einsatzszenario" für eine solche "überstürzte Beschaffungsentscheidung" gebe. Der etwas schwerfällige Siebert hat sich offenbar mit der Entwicklung in Afghanistan und anderen Krisenherden der Welt weniger eingehend befasst.

Es ist erschreckend zu sehen, wie die CDU in verteidigungs- und sicherheitspolitischen Fragen immer populistischer agiert. Statt verantwortungsbewusst alles daran zu setzen, erkannte und allseits bekannte Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen, tut sie alles dafür, um den Wählern möglichst profilfrei - also geradezu schlüpfrig -zu gefallen. Da kann man nur feststellen, dass der, der die Gunst der Wähler über die Wahrnehmung der politischen Verantwortung für die Sache stellt, politisch aus der Verantwortung geschafft gehört. Schlimm ist nur, dass dann keine der großen Volksparteien für eine regierungsfähige Mehrheit sorgen könnte und die SPD es nur schlechter machen würde. Der SPD-"Verteidigungsexperte" Hans-Peter Bartels reduziert das Problem einer Fähigkeitslücke der Bundeswehr auf eine "fixe Idee des Verteidigungsministers". Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, warnt davor, "im Schweinsgalopp" - als Schwabe kennt er sich halt in solcher Begrifflichkeit aus -zu entscheiden. Und der SPD-Fraktionsvize und "Sicherheitsexperte" Gernot Erler sprach von "provozierender Eile ohne schlüssige Begründung" des Ministers und fordert eine breite gesellschaftliche Diskussion zu diesem Thema. Da kann man sich in unserem sicherheitspolitischen Kenntnis- und Bildungsvakuum die hochemotionale "Wutbürger"- und "Gutmenschen"-Diskussion um das dringende Schließen einer Fähigkeitslücke der Bundeswehr so richtig lebhaft vorstellen. Gott bewahre uns!

Deswegen wiederhole ich mich bewusst: Wenn Aufklärungs- und Kampfdrohnen nicht beschafft werden, wird die Bundeswehr zukünftig das geforderte „breite Spektrum an Fähigkeiten und damit Handlungsoptionen“ nicht bieten können. Die Bundeswehr ist ohne Drohnen materiell nicht einsatzorientiert genug und auch zukünftig nur eingeschränkt einsatzfähig. Darüber hinaus zeigt sich am Beispiel der Drohnen-Beschaffung wieder einmal, dass die Bundeswehr nicht nachhaltig finanziert ist. Und die teilweise unsäglich geführte Diskussion macht sehr deutlich, dass die Bundeswehr als Freiwilligenarmee schlecht in der Gesellschaft verankert ist, sonst würde es diese Gesellschaft nicht zulassen, dass man die Staatsbürger in Uniform derzeit unzureichend ausgerüstet in Einsätze schickt und diesen Missstand fortschreiben will. Und sollte der Bundestags-Wahlkampf tatsächlich die dringend erforderliche Beschaffung von Drohnen verzögern, dann zeigt das eine nur schwer verständliche Verantwortungslosigkeit der zuständigen Politiker und Volksvertreter.

Sicherheitspolitik und die Beseitigung von Fähigkeitslücken der Bundeswehr in gleich mehreren Einsätzen eignen sich nicht für den Wahlkampf. Und wenn die Thematik - wenig verantwortungsbewusst - für Wahlkampf missbraucht wird, dann sollte eine verantwortungsbewusste Partei selbstbewusst und prinzipientreu zu ihren - hoffentlich noch vorhandenen - sicherheitspolitischen Überzeugungen stehen und nicht immer mehr in populistische Beliebigkeit abrutschen.

(01.04.2013)

 

 

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