Hans-Heinrich Dieter

Provokateur Putin   (14.11.2014)

 

Der neue NATO-Generalsekretär Stoltenberg ist weder als Militarist noch als "Falke" oder politischer Scharfmacher bekannt. In deutlichen Worten wirft er jetzt Putin vor, das erkennbare erneute Aufflackern des Konflikts in der Ukraine verursacht zu haben. Er begründet das durch aktuelle NATO-Beobachtungen, dass Russland erneut Waffen, Ausrüstung, Artillerie, Panzer und Raketen über die Grenze in die Ukraine bringt, und sagt: "Präsident Putin hat klar die Vereinbarungen zur Waffenruhe gebrochen und erneut die Integrität der Ukraine verletzt." Auch die OSZE hat in den letzten Tagen in den Separatistengebieten immer wieder unmarkierte Militärkonvois mit Panzern, Haubitzen und Raketenwerfern auf dem Weg aus östlicher Richtung zu den Kampfgebieten beobachtet.

Als Reaktion auf die russischen Provokationen, den Bruch der Vereinbarung von Minsk und fortlaufender russischer Völkerrechtsverletzungen, fliegt die NATO zusätzliche Patrouillen, rotiert deutlich mehr Truppen nach Osteuropa, organisiert eine neue und leistungsfähigere schnelle Eingreiftruppe und erhöht die Einsatzbereitschaft durch zusätzliche Manöver. Das sind Signale, die Putin durchaus versteht und wohl auch von weitergehenden Aggressionen gegen die Ukraine abhalten. Die europäische Union und Deutschland denken derweil laut über die Lockerung oder Rücknahme von Sanktionen gegen Russland nach. Westliche wirtschaftliche Nachteile und auch Putins neue "Propagandawaffe" Gorbatschow zeigen ihre Wirkung.

Der britische Premier Cameron hingegen hält Russlands Verhalten für "inakzeptabel" und droht mit schärferen Sanktionen. Und der Vorsitzende im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Röttgen, ist der Auffassung, dass es automatisch zu schärferen Sanktionen kommen muss, wenn es weitere Militärbewegungen von Russland aus in das Gebiet der Ostukraine geben sollte. Der estnische Verteidigungsminister Mikser hat jetzt von der NATO eine Politik der Stärke gegenüber Russland gefordert. Der SZ sagte er: "Ich verstehe den Wunsch, um jeden Preis den Frieden zu bewahren. Nato-Staaten wollen keinen Krieg. Wenn man es mit einem Regime wie dem Putins zu tun hat, ist Schwäche aber sehr viel provozierender als Stärke." Deswegen begrüßt Mikser auch die rotierende Präsenz der NATO in den baltischen Staaten, um den Russen sowie Putin mit seinen "neoimperialistische(n) Ambitionen" deutlich zu machen, "dass ein Angriff auf Estland ein Angriff auf das Bündnis ist". Wichtig ist auch, dass Mikser den Vorwurf einer westlichen Mitschuld an der Eskalation in der Ukraine klar zurückweist: "Ich glaube nicht, dass wir uns für Völkerrechtsverletzungen verantwortlich machen sollten, die Putin begangen hat." Es ist gut zu wissen, dass es westliche Politiker gibt, die kein Verständnis für den aggressiven Provokateur Putin haben, die nicht naiv auf die russische Propaganda hereinfallen und die für unsere Wertegemeinschaft einstehen wollen.

Die unverbesserlichen "Putinversteher", die nun wiederholt fordern, dass man Russland „Zugeständnisse“ machen müsse, Russland nicht noch mehr isolieren und in die Enge treiben dürfe und die „verletzte“ russische Seele verstehen müsse, etc… sollten realistisch zur Kenntnis nehmen, dass Putin Europa und die westliche Welt ganz bewusst auch militärisch provoziert. Dazu rüstet Russland stärker auf als die Staaten der EU und der NATO, ausgenommen die USA. Russland bedroht durch sein politisches Verhalten seine westlich orientierten Nachbarn und versucht alles, ehemalige Sowjetrepubliken vor einer Westorientierung abzuschrecken, sogar mit Mitteln verdeckter Gewalt. Russland berücksichtigt die grundlegenden Werte der Europäischen Union und der NATO nicht und macht so eine Partnerschaft derzeit unmöglich. Das Blockadeverhalten aus Prinzip als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat ist ein weiteres Indiz. Russland ist bereit, das Völkerrecht aus Eigennutz zu verletzten und die Integrität souveräner Staaten mit Füßen zu treten. Wenn die westliche Wertegemeinschaft Rückgrat und Ehre nicht verlieren will, darf sie dieses Verhalten Russlands nicht - mehr oder weniger achselzuckend oder gar verständnisvoll - hinnehmen.

Mit dem Bruch des Völkerrechtes und der Missachtung der Souveränität und Integrität der Ukraine hat Russland sich außerhalb der Partnerschaft mit der westlichen Welt gestellt. Derzeit ist Putin nach eigenem Willen unser Gegner und ein Kriegstreiber, dem nur mit gemeinsamer und konsequenter Politik Einhalt geboten werden kann. Uneinigkeit, Willfährigkeit, Unterwürfigkeit, Anbiederung, Eigennutz und Selbstzweifel sind Ausdruck politischer Schwäche.

Putin nutzt unsere Schwächen konsequent aus und wir haben Angst vor möglicherweise negativen Auswirkungen einer konsequenten Verteidigung unserer Werte. Für einen Aggressor ist Schwäche in der Tat sehr viel provozierender als Stärke.

(14.11.2014)

 

 

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