Hans-Heinrich Dieter

Pulverfass Israel   (16.10.2015)

 

In Israel dreht sich eine Spirale der Gewalt. Es wird schon über die dritte Intifada spekuliert. Die radikalislamische Hamas hat nun auch für heute zu „Demonstrationen des Zorns“ im Westjordanland aufgerufen und daher ist mit neuen Ausschreitungen zu rechnen. In den letzten Tagen sind in Jerusalem und im Westjordanland bereits 32 Palästinenser und sieben Israelis getötet worden. Dabei wird es nicht bleiben.

Der UN-Sicherheitsrat kommt am Nachmittag wegen der angespannten Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten auf Antrag Jordaniens zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Und US-Außenminister Kerry hat angekündigt, dass er in den nächsten Tagen in den Nahen Osten reisen will, um zu vermitteln.

Die neue Welle der Gewalt in Israel überrascht überhaupt nicht. Die Krise schwelt bereits seit mehr als zwei Jahren, und die Vorfälle wurden immer gewalttätiger. Für die Spirale der Gewalt gibt es eine ganze Reihe von Ursachen. Erstens fehlt auf beiden Seiten der Wille zu einer politischen Initiative. Zweitens sind weder die israelische Regierung noch die politische Führung der Palästinenser fähig und willens zu einem wirklich friedlichen Dialog. Drittens ist Israel nicht bereit, die völkerrechtswidrige und friedensverhindernde Besiedlung des Westjordanlandes zu beenden. Viertens ist Israel nicht bereit, die seit zwei Jahren andauernde Blockade des Gaza-Streifens zu lockern oder zu beenden. Fünftens: Israel beeinträchtigt die Nutzung der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem durch Palästinenser und ist nicht gewillt, die Beschränkungen aufzuheben. Und sechstens rebelliert eine eingesperrte, hoffnungslose, perspektivlose und arbeitslose palästinensische Jugend, die die israelischen Besatzer hasst, von der PLO und Abbas enttäuscht ist und von der Hamas angefeuert wird.

Deswegen handelt es sich bei der Gewaltwelle wohl auch noch nicht um eine dritte Intifada, denn weder die PLO noch die Hamas kontrollieren die Ausschreitungen. Gleichwohl ist die Lage sehr gefährlich. Die jugendlichen Attentäter scheinen zu allem bereit zu sein und führen ihre Angriffe inzwischen ohne jede Furcht vor den israelischen Sicherheitskräften durch, denn sie haben aus ihrer Sicht wenig zu verlieren. Die Gewalt wird anhalten und die radikal-islamische Hamas bekommt immer mehr an Zuspruch - gerade bei jungen Menschen - im Gazastreifen und auch im Westjordanland. Israel hat mit einem Bündel von Sicherheitsmaßnahmen reagiert, blockiert die Palästinenser in Ostjerusalem, verstärkt die Polizeikontrollen massiv und setzt das israelische Militär im Inneren ein. Und Ministerpräsident Netanjahu hat arabische Knesset-Abgeordnete vor dem Hintergrund der Anschläge auf Israelis als Kommunisten und IS-Sympathisanten bezeichnet, die vom IS ferngesteuert den Staat Israel schwächen wollen. Solche Maßnahmen aber auch verbale Entgleisungen erzeugen noch mehr Hass und provozieren noch mehr Gewalt.

Schlimm ist, dass die Lage insgesamt aussichtslos erscheint. Was wird die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates bringen? Wenig bis nichts, denn der Sicherheitsrat blockiert sich mit ganz wenigen Ausnahmen in den letzten zwei Jahren ständig selbst und die USA sind noch nicht einmal bereit, ihren engsten Verbündeten Israel bei klaren Völkerrechtsverletzungen zu verurteilen. Welche Aussichten auf Erfolg haben Vermittlungsgespräche von US-Außenminister Kerry? Positive Aussichten sind sehr gering, denn Kerry ist schon bei den letzten Friedensbemühungen an der Friedensunfähigkeit Israels gescheitert und die USA sind auch jetzt aus innenpolitischen Gründen nicht bereit, auf beide Verhandlungspartner den erforderlichen massiven Druck auszuüben und Sanktionen zu verhängen, die letztlich eine Friedenlösung erzwingen könnten. Ohne Zwangsmaßnahmen wird dieser Konflikt nicht beendet werden.

Und die Lage ist auch deswegen so aussichtslos, weil die Palästinenser einerseits unter einem Machtvakuum durch Abbas leiden und andererseits zerstritten sind. Die Lage Israels bleibt aussichtslos, weil die israelische Bevölkerung durch ihre Wahl eine rechtsradikale/nationalistische/rechtsextreme/ultraorthodoxe Regierung an die Macht gebracht hat, die ganz offensichtlich die völkerrechtswidrige Besiedlung des Westjordanlandes fortsetzt, den Terror der radikalen Siedler nicht beendet, die Palästinenser weiterhin unterdrückt und einen jüdischen Apartheids-Staat anstrebt, der arabische Israelis benachteiligt und ausgrenzt.

Israel und Palästina bleiben - hauptsächlich verursacht durch israelische Politik - ein gefährliches Pulverfass.

(16.10.2015)

 

 

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