Hans-Heinrich Dieter

Rechtsruck der Bundeswehr?   (26.06.2019)

 

In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ zeigte sich Friedrich Merz besorgt im Hinblick auf ein mögliches Abdriften von Polizisten und Soldaten hin zur eher rechtsorientierten AfD: „Wir verlieren offenbar Teile der Bundeswehr an die AfD. Wir verlieren Teile der Bundespolizei an die AfD.“ Um dem Trend zu begegnen, mĂŒsse die CDU eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter den Sicherheitsorganen stehe: „Nur mit eindeutigem RĂŒckhalt aus der Politik können sie jeden politischen Extremismus erfolgreich bekĂ€mpfen.“ Merz stĂŒtzt seine Feststellungen auf GesprĂ€che mit Abgeordneten aus dem Verteidigungs- und Innenausschuss sowie auf Berichte aus seinem persönlichen Umfeld: „Ich habe nahe Verwandte und sehr viele Freunde und Bekannte, die bei der Bundeswehr und der Bundespolizei sind. Die berichten mir, wie die Stimmung dort ist, wie viele sich von ihren Dienstherren im Stich gelassen fĂŒhlen.“ Linke Politiker werfen Merz Stimmungsmache vor.

Zur diesbezĂŒglichen Lage bei der Polizei kann ich aus direkter persönlicher Erfahrung nichts beitragen. Die Polizei rekrutiert ihr Personal aus der Gesamtgesellschaft. Es mag unter den wĂ€hlenden Polizisten ParteiprĂ€ferenzen geben, das breite Spektrum wird aber wohl – ausgenommen in den neuen BundeslĂ€ndern – die Linkspartei ausschließen. Die Polizisten sind darĂŒber hinaus auf der Grundlage von Recht und Gesetz sehr gut ausgebildet und können ihre politische Meinung sicher auch vertreten. Die Polizisten, die einen harten Dienst zu verrichten haben, erwarten aber auch Anerkennung ihrer Arbeit, politischen RĂŒckhalt und nachhaltigen Erfolg ihrer Arbeit. Und diesbezĂŒglich gibt es in der Polizei nach Feststellungen von Gewerkschaftsvertretern offenbar Verunsicherungen und Unzufriedenheit.

Polizeibeamte, die beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzt waren, werden den Mangel an WertschĂ€tzung, die unzureichende Durchsetzung von Recht und Gesetz, die beliebige Rechtsprechung erinnern und sie werden nicht vergessen, dass Linke und GrĂŒne teilweise mit den linksextremen StraftĂ€tern aus der Roten Flora mitmarschiert sind und solidarisch mit den Gewaltverbrechern den Polizisten unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸige Gewaltanwendung vorgeworfen haben. Diesem Vorwurf wird natĂŒrlich intensiver nachgegangen – insbesondere auch durch den links/rot/grĂŒnen Mainstream - als den Gewalttaten der doch „gutmeinenden Aktivisten“. Die Polizei weiß auch, dass sie von der Politik ĂŒber Jahre kaputtgespart wurde und heute ihre Aufgaben gegen ausufernde ClankriminalitĂ€t und Migrationsstraftaten nicht mehr zur Zufriedenheit ausfĂŒhren können. Und die Polizisten sind wohl auch verunsichert, weil sie den einen oder anderen ĂŒberfĂŒhrten StraftĂ€ter nach relativ kurzer Zeit wiedertreffen, weil die hĂ€ufig zweifelbehafteten Richter in ihrem Zweifel natĂŒrlich immer fĂŒr den Angeklagten „sprechen“. Der Polizei-GewerkschaftsfunktionĂ€r Rainer Wendt bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, die Richter betrieben „schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus“. Das Vertrauen in viele Politiker, die immer neue Gesetze machen und nicht dafĂŒr sorgen, dass die bestehenden Gesetze durchgesetzt werden, ist offensichtlich verloren gegangen, auch weil nicht mehr klar ist fĂŒr welche Art von Sicherheit und Ordnung die alten Parteien heutzutage eigentlich noch stehen. Und da muss man sicher der Gefahr entgegenwirken, dass Polizisten RĂŒckhalt bei einer Partei suchen, die sich fĂŒr die Verbesserung der Rahmenbedingungen des Polizeidienstes einsetzt.

Bei der Bundeswehr ist die Lage Ă€hnlich. Schon 2016 hat der Chef des Bundeswehrverbandes WĂŒstner die Bundeswehr von der Politik unwidersprochen als „Sanierungsfall“ bezeichnet und befĂŒrchtet, dass die StreitkrĂ€fte in einen „burnout“ getrieben werden, „wenn nichts passiert“. Auch der Wehrbeauftragte Bartels hat in seinen letzten Jahresberichten der Bundeswehr „planmĂ€ĂŸige Mangelwirtschaft“ vorgeworfen und die Medien haben schon mehrfach vom „TrĂŒmmerhaufen“ Bundeswehr berichtet. Die Diktion und die Höhe der zusĂ€tzlich geforderten Investitionen in den Verteidigungshaushalt zeigen das Maß politischen Versagens deutlich auf. FĂŒr die Bundeswehr gilt der Primat der Politik, den die Politiker immer gerne vehement einfordern, dem aber viele Politiker nicht verantwortungsbewusst gerecht werden. Und die Bundeswehr leidet bis heute darunter, ĂŒber Jahre unfĂ€higen, ungeschickten, erfolglosen, wenig mutigen oder irgendwie unglĂŒcklich agierenden Verteidigungsministern ausgesetzt gewesen zu sein, die eine stĂ€ndige Unterfinanzierung zugelassen haben. Die Bundeswehr ist derzeit nur eingeschrĂ€nkt einsatzfĂ€hig und wird eine hinreichende Einsatzbereitschaft erst im Jahr 2031 erreichen können, wenn die Investitionsforderungen in vollem Umfang erfĂŒllt werden. Aber welcher Soldat mit gesundem Menschenverstand hat diesbezĂŒglich Vertrauen in die sicherheitspolitisch desinteressierte Kanzlerin, in die unfĂ€hige Verteidigungsministerin, die sich auch darin gefĂ€llt, StaatsbĂŒrger in Uniform pauschal zu verunglimpfen, in einen undemokratisch eingestellten StaatssekretĂ€r Tauber, der sich zudem politisch unflĂ€tig verhĂ€lt und in einen Deutschen Bundestag, der es ĂŒber Jahre zulĂ€sst, dass „seine Parlamentsarmee“ kaputtgespart wird. Die Soldaten der Bundeswehr fĂŒhlen sich begrĂŒndet von ihrem Dienstherrn im Stich gelassen und diese Unzufriedenheit mit der Politik kann durchaus zur Suche nach politischen Alternativen animieren. Und da gibt es nicht viele Möglichkeiten. Die Linke ist fĂŒr Soldaten nicht wĂ€hlbar. Die GrĂŒnen haben außen- und sicherheitspolitisch kein tragfĂ€higes Konzept. Die SPD arbeitet teilweise offen gegen die Bundeswehr und die CDU ist fĂŒr patriotisch und konservativ eingestellte Soldaten auch keine richtige Heimat mehr. Die AfD ist fĂŒr Soldaten solange keine richtig gute Alternative, wie sie sich nicht eindeutig von rechtsradikalen Strukturen in der Partei trennt. Ich als liberal-konservativer StaatsbĂŒrger wĂ€hle FDP, aber das ist wohl nicht jedem zuzumuten. Die Qual der Wahl ist derzeit höchst schmerzhaft, insbesondere fĂŒr Soldaten und auch andere SicherheitskrĂ€fte!

Die deutschen StaatsbĂŒrger in Uniform werden aus allen Teilen der Bevölkerung rekrutiert. Von einem Querschnitt der Bevölkerung kann man allerdings wohl nicht sprechen, denn welche besonders intelligenten Staatsangehörige verpflichten sich bei einem nicht einsatzfĂ€higen MilitĂ€runternehmen, das als Sanierungsfall bezeichnet wird und das planmĂ€ĂŸiger Mangelwirtschaft ausgesetzt ist? Die verfĂŒgbaren deutschen Soldaten sind einsatzorientiert und gut ausgebildet und es ist erfreulich, dass sie offensichtlich in den vielfĂ€ltigen EinsĂ€tzen und bei der NATO-Übung einen sehr guten Eindruck gemacht haben. Sie sind außerdem staatsbĂŒrgerlich zusĂ€tzlich und sicher besser ausgebildet als der NormalbĂŒrger. In aktiven Zeiten haben wir immer festgestellt, dass die StaatsbĂŒrger in Uniform mit beiden Stiefeln fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen – und nicht darauf herumtrampeln. Und die Soldaten verrichten ihren oft nicht einfachen Dienst auf der Grundlage von Recht und Gesetz sowie von Dienstvorschriften. Wenn allerdings das Vertrauen in die Politiker verlorengegangen ist, dann ist es den Soldaten nicht zu verdenken, wenn sie nach alternativem RĂŒckhalt suchen – und das ist legitim, solange die Alternative dem Grundgesetz entspricht.

Die Sorgen, die Friedrich Merz Ă€ußert, bilden Teile der politischen RealitĂ€t ab und sind keine Stimmungsmache sondern ein Appell an die demokratischen Politiker der politischen Mitte, endlich tragfĂ€hige Rahmenbedingungen fĂŒr erfolgreichen Dienst der deutschen SicherheitskrĂ€fte zum Wohle der deutschen Bevölkerung zu schaffen. Nur so werden sie das Vertrauen zurĂŒckgewinnen, das Soldaten und Polizisten in der politischen Mitte hĂ€lt! Der Merz-Appell ist richtig und wichtig!

(26.06.2019)

 

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