Hans-Heinrich Dieter

Staatsbürger in Uniform   (09.09.2017)

 

Die Soldaten (Soldatinnen) der Bundeswehr sind in der Regel politisch besser gebildet als der normale Durchschnittsbürger, schon weil die ziemlich unzureichenden und lückenhaften Kenntnisse, die die Bürger aus dem deutschen Bildungssystem mitbringen, durch Staatsbürgerlichen Unterricht aufgebessert werden. Die Soldaten verstehen sich als Staatsbürger in Uniform, die keinen Job erledigen, sondern Deutschland dienen, um das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes gegebenenfalls tapfer zu verteidigen. Der Soldat, der seinen Dienst ernst nimmt, muss als mündiger Bürger in unserer parlamentarischen Demokratie auch dafür Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen für die gute Diensterfüllung stimmen, und deswegen muss er das Wahlrecht für sich als Wahlpflicht begreifen und die Volksvertreter der Parteien wählen, die das bestmöglich gewährleisten.

Die Bundeswehr und die äußere Sicherheit spielen im Wahlkampf keine Rolle. Denn mit positiven Aussagen über die zukünftige Rolle der Bundeswehr in der NATO und bei Auslandseinsätzen kann man leider bei unserer vorwiegend bauchorientiert-friedenseuphorischen Bevölkerung nicht punkten. Außerdem haben wir als Bundesrepublik unsere vitalen sicherheitspolitischen Interessen und Ziele ja bisher nicht definiert und das macht es schwierig, eine klare Position zu beziehen. Im TV-Duell der Kanzlerkandidaten und im „Fünfkampf“ wurden die Bundeswehr und die äußere Sicherheit ignoriert. Die Politiker wurden auch nicht danach gefragt, denn die vorwiegend links eingestellten Journalisten interessieren sich dafür hauptsächlich dann, wenn es vermeintliche Skandale zu vermarkten gilt. Die Soldaten müssen sich daher ihre eigene Meinung erarbeiten, indem sie versuchen für sich die Frage zu beantworten, wer gemessen an der erlebten Realität oder am jeweiligen Wahlprogramm die Rahmenbedingungen für erfolgreiche Diensterfüllung bestmöglich zu schaffen verspricht.

Die äußere Sicherheit Deutschlands ist nur gemeinsam mit unseren NATO-Partnern zu gewährleisten und die erforderlichen Verteidigungs- und Rüstungsanstrengungen werden nur durch intensive Sicherheits- und Rüstungskooperationen mit EU-Mitgliedern, die auch NATO-Partner sind, zum Erfolg führen können.  Die Linke fordert das sofortige Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und den Austritt der Bundesrepublik aus der NATO. Die Grünen sind gegenüber der NATO indifferent und fordern, dass Deutschland und Europa mehr Verantwortung für die Gestaltung einer friedlichen und kooperativen Weltordnung übernehmen, sie befürworten aber  die Zusammenarbeit und die Integration der „europäischen Streitkräfte“, die es noch lange nicht gibt. Die AfD lehnt den Einsatz deutscher Streitkräfte für „fremde Interessen“ und die Schaffung einer EU-Armee ab, will aber den europäischen Einfluss in der NATO gestärkt sehen. Diese Parteien erscheinen im Hinblick auf die Gewährleistung der äußeren Sicherheit im Rahmen der NATO und in Kooperation mit der EU nicht vertrauenswürdig.

Inzwischen ist bundesweit bekannt, dass die Bundeswehr in den letzten 25 Jahren wenig verantwortungsvoll unterfinanziert wurde und sich zu einem „Sanierungsfall“ mit stark eingeschränkter Einsatzfähigkeit entwickelt hat. Der Finanzierungsbedarf für Herstellung einer hinreichenden Einsatzbereitschaft wird vom Verteidigungsministerium mit 130 Milliarden in den nächsten zehn Jahren angegeben. Hier stellt sich also die Frage, welche Parteien bereit sind, die erforderlichen Investitionen so schnell wie möglich zu leisten. Oder man kann auch fragen, welche Parteien sind bereit, das beim NATO-Gipfel 2014 in Wales gemeinsam beschlossene Ziel, die Verteidigungsausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, zu verwirklichen. Die CDU/CSU hat sich nach langem Zögern inzwischen klar dazu bekannt. Der SPD-Kanzlerkandidat Schulz will keine „Aufrüstung“. Der SPD-Außenminister Gabriel meint, Deutschland müsse sich als Abrüstungs- und nicht als Aufrüstungsland profilieren und ergänzt: „Selbst wenn Sozialdemokraten das mitgetragen haben, der Beschluss ist doch irre.“ Damit stellt Gabriel die geistige Zurechnungsfähigkeit des damaligen SPD-Außenministers und heutigen Bundespräsidenten Steinmeier, der damals den Beschluss mitgetragen hat,  infrage! Die Grünen lehnen die Steigerung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP strikt ab. Da die Linke den Austritt aus der NATO fordert, befasst sie sich nicht mit der Frage. Auch die AfD thematisiert diese wichtige Frage nicht. Die FDP ist innovativ und schlägt vor, dass Deutschland langfristig drei Prozent des BIP in die internationale Sicherheit im Sinne eines vernetzten Ansatzes investiert. Mit den Parteien „Rot-Rot-Grün“ bleibt die Bundeswehr auf lange Sicht ein Sanierungsfall und Deutschland ein unzuverlässiger und wenig vertrauenswürdiger Partner in der Außen-und Sicherheitspolitik.

Die Rahmenbedingungen für bestmögliche Diensterfüllung der Bundeswehr setzen sich aus vielfältigen Aspekten zusammen, die der einzelne Staatsbürger in Uniform jeweils für sich selbst gewichten muss. Wenn es aber um eine bestmögliche zukünftige Ausrüstung geht, dann kommt man um die Frage der Ausstattung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen nicht herum. Die deutschen Streitkräfte hatten schon im Afghanistan-Kampfeinsatz erhebliche Defizite in der technischen Führungsfähigkeit, bei der Aufklärungskapazität, in der Luftbeweglichkeit, einschließlich der Luftrettung, sowie bei der unabdingbaren Luftnahunterstützung und waren deswegen für die jeweilige Auftragserfüllung in Kampfeinsätzen auf die massive Unterstützung durch die US-Streitkräfte angewiesen. Bewaffnungsfähige Drohnen waren und sind daher eine unbedingt notwendige Erweiterung der militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr, über die schon in der letzten Legislaturperiode dringend hätte entschieden werden müssen. Die Koalition hatte sich deswegen vorgenommen die Ausstattung mit Kampfdrohnen in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen. Die SPD verhinderte allerdings den Abschluss eines schon fertig ausgehandelten Leasingvertrages über drei solcher Waffensysteme. Das erscheint wenig verantwortungsbewusst. Denn mit bewaffnungsfähigen Aufklärungsdrohnen hätte Deutschland den Kampf gegen den IS in Syrien qualitativ viel besser unterstützen können als mit der derzeit eingesetzten, deutlich veralteten Aufklärungstechnik der Tornados. Der Auftrag der Bundeswehr in Mali könnte sehr viel effektiver mit Kampfdrohnen erfüllt werden. Mit Kampfdrohnen wäre der nur schwer zu verantwortende zwölfmonatige Einsatz des noch nicht voll einsatzreifen Waffensystems Tiger, in klimatischen Verhältnissen, für die es nicht gebaut ist, und mit nur 18, bedingt einsatzbereiten, statt der erforderlichen 30 voll einsatzbereiten Piloten nicht erforderlich gewesen. Die Linke und die AfD befassen sich nicht mit Kampfdrohnen, die Grünen lehnen die Beschaffung bewaffneter Drohnen ab, die FDP fordert eine moderne Bundeswehr mit einsatzorientierten Strukturen und der Befähigung für Landes- und Bündnisverteidigung sowie für internationale Einsätze und hält sich offen für diese Frage, die SPD hat die Beschaffung verweigert und die CDU/CSU hat sich schon lange für die Beschaffung solcher Waffensysteme eingesetzt.

Der mündige Staatsbürger in Uniform kommt um die Befassung mit den real erbrachten Leistungen in der Sicherheitspolitik einerseits und mit den aktuellen Parteiprogrammen nicht herum. Zusammengefasst muss sich der Soldat (die Soldatin) dann fragen, welche Partei am ehesten bereit zu sein scheint, die Bundeswehr zu unterstützen und auch erkennbar über Volksvertreter verfügt, die den Primat der Politik in der Sicherheitspolitik gegenüber der Bundeswehr nicht nur einfordern, sondern der damit verbundenen Verantwortung auch gerecht werden wollen und können.

Zum Wohle unserer parlamentarischen Demokratie sollte eine erneute große Koalition vermieden werden. Deswegen müssen die Wähler eine der kleineren Parteien über die Zweitstimme stark machen. Für Soldaten, die ja der Freiheit verpflichtet sind, kann es da wenig Zweifel geben!

(09.09.2017)

 

 

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