Hans-Heinrich Dieter |
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Stratege Gabriel (07.12.2015)
In der parlamentarischen Diskussion um militĂ€rische EinsĂ€tze der deutschen StreitkrĂ€fte werden immer hĂ€ufiger und heftiger politische Ziele, militĂ€rpolitische Strategien und strategische Konzepte eingefordert. Das ist neu, denn bisher haben sich die Volksvertreter hauptsĂ€chlich um Obergrenzen von Kontingenten und bestmögliche Vermeidung von militĂ€rischer Gewaltanwendung durch deutsche Soldaten gekĂŒmmert. Leider wird der Mangel an strategischen Konzepten bisher hauptsĂ€chlich von Politikern der Linken als ein Argument in ihrer Fundamentalopposition gegen MilitĂ€reinsĂ€tze genutzt und von den GrĂŒnen - allerdings fĂŒr mich ohne erkennbaren intellektuellen Hintergrund - beklagt. Hier haben Volksvertreter der GroĂen Koalition Nachholbedarf, wenn sie verantwortungsbewusst ĂŒber MilitĂ€reinsĂ€tze zur Erreichung politischer Ziele entscheiden wollen. Die Forderung ist sehr berechtigt, denn wer deutsche Soldaten in Krisen- oder Kriegsgebieten einsetzt, sollte den politischen Rahmen, die politischen Ziele und die Möglichkeiten der Zielerreichung durch den Einsatz militĂ€rischer Gewalt genau definiert haben. Deutschland tut sich aber schwer damit, weil wir nach der deutschen Wiedervereinigung zwar formal aber nicht sicherheitspolitisch souverĂ€n geworden sind. Deutschland hat keine vitalen Interessen definiert und auch keine langfristigen politischen Ziele entschieden, sondern in den Vereinten Nationen, in der NATO und in der EU einfach weiter- und mitgemacht. Ohne politische Grundlage kann man aber keine militĂ€rpolitische Strategie entwickeln und keine strategischen Konzepte erarbeiten. Die Politiker halten eher Sonntagsreden ĂŒber die gestiegene sicherheitspolitische Bedeutung Deutschlands in Europa und der Welt oder sprechen vollmundig von der Notwendigkeit vernetzter Sicherheitspolitik, ohne dass der zustĂ€ndige und federfĂŒhrende AuĂenminister Steinmeier dafĂŒr die politischen Grundlagen erarbeiten lĂ€sst. Ein Beispiel fĂŒr den dringenden Bedarf eines deutschen strategischen Konzeptes ist das weniger sinnvolle Gerede von Gabriel (SPD) in der BILD am Sonntag. Nach Gabriel soll der Bundeswehreinsatz in Syrien lediglich Zeit fĂŒr die Suche nach einer politischen Lösung bei den Verhandlungen in Wien schaffen. Deswegen gehe es zunĂ€chst darum, den Vormarsch der IS-Miliz zu stoppen. Nach einem Friedensschluss sollten die Truppen Assads zusammen mit kurdischen Einheiten und nicht-islamistischen Rebellen den IS gemeinsam bekĂ€mpfen. Der "PutinjĂŒnger" Gabriel, der gerne als Vizekanzler und Möchtegern-AuĂenminister - wenn auch ohne Funktion - auftritt, hĂ€tte sich unvollstĂ€ndig geĂ€uĂert, wenn er nicht auch noch erneut dafĂŒr geworben hĂ€tte, Russland wieder den Weg in die Gruppe der G8-Staaten zu ermöglichen. Denn es sei dauerhaft nicht sinnvoll, PrĂ€sident Putin zu bitten, geopolitische Probleme wie in Syrien zu lösen und ihn gleichzeitig von den G8-Beratungen auszuschlieĂen. Wozu sollen also die deutschen Soldaten beitragen? Sollen sie dabei militĂ€risch helfen, den IS zu stoppen oder sollen sie dazu beitragen, dass der IS unschĂ€dlich gemacht und seine Strukturen zerschlagen werden. Wann rechnet Gabriel mit einem Friedensschluss als Ergebnis der Wiener Verhandlungen? Von welchen KrĂ€ften spricht Gabriel tatsĂ€chlich, die nach einem Friedensschluss gemeinsam den IS bekĂ€mpfen sollen? Und wer hat eigentlich Putin als âPartner“ gebeten, âgeopolitische Probleme wie in Syrien zu lösen“? Putin hat die Lösung des Syrienkonfliktes erschwert, bekĂ€mpft eher die syrische Opposition als den IS und verfolgt bisher als Gegner Europas nur seine eigenen geopolitischen Ziele. Solche ZusammenhĂ€nge kann Gabriel offenbar nicht verstehen, weil er sich gedanklich damit noch nicht auseinandersetzen musste. Frankreich wĂ€hnt sich im Krieg gegen den IS und will ihn vernichten - bisher ohne strategisches Konzept. Deutschland ist bĂŒndnistreu und solidarisch mit Frankreich, dann mĂŒssten wir deutsche Soldaten auch in diesen âfranzösischen Krieg“ schicken und nicht nur in einen Einsatz, der nur Zeit gewinnen soll. Und wenn Deutschland nicht weiĂ, was es selbst mit seiner âSolidaritĂ€t“ genau erreichen will, dann sollten wir zumindest von Frankreich, das wir unterstĂŒtzen, ein strategisches Konzept fordern. Ohne eine gemeinsam erarbeitete und entschiedene politische Zielsetzung und ohne ein strategisches Konzept wird die eine oder andere Aussage zu einem dĂŒrftigen Gerede oder auch zu peinlichem Gelaber. Und wenn deutsche Politiker sich zu Entscheidungen und Vereinbarungen der EU, der G7-Staaten oder der NATO Ă€uĂern, dann sollten solche Aussagen abgestimmt sein und einer politischen Linie folgen. Die deutsche auĂen- und sicherheitspolitische Kakophonie der GroĂen Koalition ist nicht vertrauenerweckend, nĂ€hrt den Eindruck, dass in Deutschland eher mit dem Bauch als mit dem Kopf Politik gemacht wird und ist irgendwie peinlich. Es wird Zeit, dass wir in Deutschland politisch wirklich souverĂ€n und dann in unserem politischen Handeln souverĂ€ner werden. (07.12.2015)
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