Hans-Heinrich Dieter

Undemokratische Arroganz   (01.10.2016)

 

Nach den Niederlagen der Volksparteien bei den diesjährigen Landtagswahlen konnte man bei den Politikern etablierter Parteien ein kurzes Erschrecken feststellen. Dann folgten selbstgefällige stereotype Erklärungen wie: „es ist uns nicht gelungen, die Wähler mitzunehmen…“, oder: „wir konnten unsere Politik nicht rüberbringen…“. Da fragt man sich zunächst, wohin sollten die Wähler denn mitgenommen werden? Warum sollte der Wähler irgendwohin folgen wollen, wenn das Ziel nicht klar vorgegeben wird und keine Konzepte erläutert werden, wie das Ziel erreicht werden soll. Und bei der zweiten Stereotype ist die Sprache schon verräterisch, denn wer etwas „rüberbringen“ will, muss ja einen Graben, eine Sperre oder eine Mauer überwinden, und ein solcher Graben ist die vermeintlich große intellektuelle Distanz zwischen den abgehobenen Politikern und dem vermeintlich eher „tumben Volk“ oder denen, die man als arroganter Politiker schon mal als „Pack“ als „Ratten“, die entsprechenden Fängern ins Netz gehen oder auch „Lumpen“ bezeichnet, die sich einsammeln lassen. Dabei fällt solchen Scharfmachern oft zu spät ein, dass sie eine ganze Reihe ihrer ehemaligen Wähler als „Ratten“ oder „Lumpen“ bezeichnen. Solche Wähler werden schwer zurückzugewinnen sein.

Die Masse der Politiker sucht die Ursache für schlechte Wahlergebnisse naturgemäß nicht bei sich. Kaum ein Politiker wird sich fragen, ob er denn in der Lage war, politische Ziele verständlich und gut genug zu erklären, den politischen Gegner zu entlarven sowie falsche Argumente zu entkräften und die „populistischen Verführer“ zu entzaubern. Kein Politiker wird selbstkritisch zugeben, dass er sich einem Diskurs mit dem politischen Gegner nicht gewachsen fühlt, und sich deswegen lieber mit einem diffamierenden Verweis auf die rechtspopulistische, undemokratische Geisteshaltung des politischen Gegners dem Gespräch undemokratisch und feige verweigern und damit politisch jämmerlich versagen. Wenn der eine oder andere Politiker nicht mehr so richtig weiter weiß, behilft er sich mit erbärmlich peinlicher „Mittelfinger-Rhetorik“.

Die Bürger aber wollen mehrheitlich keine Ideologen und Scharfmacher, sie wünschen sich Politiker, die sich mit eindeutigem Ziel und Konzept sowie deutlichen, klaren Worten und guten Argumenten mit dem politischen Gegner auseinandersetzen und dann demokratisch gewählte Politiker gegnerischer Parteien auch als Volksvertreter akzeptieren. Denn zur Demokratie gehört es, sich mit allen relevanten und auch unbequemen Meinungen zu befassen. Feige und arrogante Politiker verpassen da eine Chance.

Arrogante Politiker verderben die demokratische Kultur, indem sie offenbar innerhalb und außerhalb ihrer jeweiligen Partei mehr übereinander und gegeneinander reden als sie miteinander darum bemüht sind, sich zum Wohle der Bürger mit Problemen und ihrer Lösung zu befassen. Und wenn man sich berechtigte Sorgen von Bürgern im Zusammenhang mit der verfehlten Flüchtlingspolitik von Merkel dadurch vom Hals hält, dass man sie pauschal als islamophob und xenophob abtut, weckt man berechtigte Zweifel, schmälert das Vertrauen in die Politik und sorgt für zunehmende Politikerverdrossenheit.

Wenn arrogante Politiker dann „bürgerverdrossen“ reagieren und das Gefühl entwickeln, „das sind nicht mehr meine Wähler!“, haben die Populisten gewonnen.

(01.10.2016)

 

 

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