Hans-Heinrich Dieter

Verteidigungshaushalt 2021   (11.01.2021)

 

Der Bundeshaushalt 2021 mit der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 steht fest. Der Bundestag hat fĂŒr 2021 einen Verteidigungshaushalt in Höhe von 46,93 Milliarden Euro entschieden, was einem Anteil von weniger als 1,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspricht. Das ist zwar eine Steigerung gegenĂŒber dem Vorjahr, aber deutlich weniger, als mit der NATO vereinbart sowie unzureichend im Hinblick auf die geplante Wiederherstellung der EinsatzfĂ€higkeit der StreitkrĂ€fte bis 2031. Und die mittelfristige Finanzplanung fĂŒr die Jahre 2022-2024 zeigt dann sogar erneut eine leicht fallende Tendenz auf, so dass Deutschland weiterhin weit von dem vereinbarten Ziel der NATO entfernt bleibt, wonach die Mitgliedstaaten ihre MilitĂ€rausgaben bis 2024 auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen sollen.

Die Bundeswehr erfĂŒllt in einem Dutzend AuslandseinsĂ€tzen erfolgreich und wertgeschĂ€tzt militĂ€rische AuftrĂ€ge und trĂ€gt bei GroĂŸĂŒbungen der NATO teilweise maßgeblich zum Erfolg bei. Die Soldaten erfĂŒllen ihre AuftrĂ€ge professionell aber unter meist erschwerten Bedingungen – mit zusammengeliehenem Material und personell zusammengestellten Kontingenten. Doch das ist nicht Schuld der StreitkrĂ€fte, sondern das Ergebnis jahrelanger Unterfinanzierung, des unorganisierten Aussetzens der Wehrpflicht sowie der Personalreduzierung der StreitkrĂ€fte im Rahmen der unsĂ€glichen „Friedensdividende“.

Und dann werfen einige Medien den „kaputtgesparten StreitkrĂ€ften“ vor, dass sie von der bis 2031 zu erreichenden Vollausstattung noch sehr weit entfernt sind. Die StreitkrĂ€fte haben fĂŒr das Wiederherstellen der EinsatzfĂ€higkeit nach NATO-Kriterien bis 2031 ein gebilligtes Konzept. Der Verteidigungshaushalt 2021 sowie die dazugehörige mittelfristige Finanzplanung 2022-24 machen das Erreichen dieses Zieles aber finanziell erneut unmöglich. Denn es fehlt die fĂŒr das GewĂ€hrleisten einer Vollausstattung erforderliche, finanziell abgesicherte Planbarkeit!

Die Zahlen machen das sehr deutlich:

2021: Verteidigungshaushalt, 46,93 Mrd; Finanzbedarf gem. Konzept, 54,7 Mrd

2022: Finanzplanung, 46,8 Mrd; Finanzbedarf gem. Konzept 57,4 Mrd

2023: Finanzplanung, 46,1 Mrd; Finanzbedarf gem. Konzept 58,4 Mrd

2024: Finanzplanung, 46,1 Mrd; Finanzbedarf gem. Konzept 59,1 Mrd

2021 liegt der entschiedene Verteidigungshaushalt knapp 8 Mrd Euro unter dem dringenden Bedarf fĂŒr die geplante Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft. Und mittelfristig sind 2022-24 35,9 Mrd weniger geplant als nach dem gebilligten Konzept fĂŒr die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft nach NATO-Kriterien erforderlich wĂ€re. Vom Willen zur vereinbarten allmĂ€hlichen Steigerung der Investitionen in Richtung 2 Prozent vom BIP kann da ĂŒberhaupt keine Rede mehr sein. Deutschland hat sich offensichtlich entschieden, ein sicherheitspolitischer Zwerg und Trittbrettfahrer bleiben zu wollen!

Und da ist es enttĂ€uschend, wenn in Veröffentlichungen die Lage schöngeredet wird, indem das Ministerium aussagt, die Hauptwaffensysteme seien zu 74 Prozent einsatzbereit. Dazu meint der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes WĂŒstner in einem GesprĂ€ch mit WELT: „Solche Meldungen irritieren die Truppe und zeichnen in der Gesellschaft ein falsches Bild. Denn diese 74 Prozent beruhen auf abstrusen Berechnungsmodellen und haben mit der tĂ€glichen Lebenswirklichkeit in der Truppe nicht ansatzweise etwas zu tun. Ob in einer Einsatzflottille der Marine, einer Division des Heeres oder einem Luftwaffengeschwader: Überall verwalten die Frauen und MĂ€nner noch immer den Mangel, allen vor vielen Jahren politisch ausgerufenen Trendwenden zum Trotz. Die Politik hat richtigerweise erkannt, dass die weltweiten Risiken und Bedrohungen unserer Sicherheit eine Vollausstattung der Bundeswehr erfordern. Doch da liegen wir maximal bei 50 Prozent. Bei einigen Systemen wie Hubschraubern oder den alten Tornados ist es noch schlimmer, da ist die Lage prekĂ€r.“

Dabei mĂŒsste Deutschland in der NATO - aber auch in der EU - durch Steigerung seiner Verteidigungsinvestitionen bis zur gemeinsam vereinbarten Höhe von jĂ€hrlich 2 Prozent des BIP dringend das verlorene Vertrauen zurĂŒckgewinnen und sich wieder als verlĂ€sslicher Partner in die zunehmend gemeinsam zu gestaltende europĂ€ische Außen- und Sicherheitspolitik einbringen. Denn die sicherheitspolitische Eigenverantwortung NATO-Europas wird deutlich wachsen. Und dieser Verantwortung mĂŒssen die europĂ€ischen NATO-Mitglieder – möglichst in engem Zusammenwirken mit der EU im Sinne der Sicherheit ihrer BĂŒrger gerecht werden!

NatĂŒrlich wird der Bundeshaushalt durch den „Corona-Schulden-Wumms“ mittel- bis langfristig stark belastet sein. Aber die gestiegene AggressivitĂ€t Russlands und die Herausforderungen durch die aufstrebende Supermacht China erfordern eine sicherheitspolitische Eigenverantwortung der EU in der NATO. Deutschland muss einen verantwortungsbewussten Beitrag dazu leisten!

(11.01.2021)

 

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