Hans-Heinrich Dieter

Vorbild Deutschland!?   (24.09.2019)

 

Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung ist geschnürt – und die Kritik ist nahezu unisono eindeutig negativ. Es werden viele Zweifel laut, dass Deutschland mit diesem Maßnahmenpaket die Klimaschutzziele des Pariser Gipfels erreichen wird, und es werden massive Nachbesserungen gefordert. Dabei hatte die ehemalige „Klimaministerin“ und heutige Kanzlerin Merkel bei einer Sitzung der Unionsfraktion festgestellt, es dürfe in der Klimapolitik „kein Pillepalle mehr geben“ und für diesen Herbst Vorschläge für â€ždisruptive Veränderungen“ angekündigt. Der angekündigte große Wurf ist erneut auf ein Merkel-Pillepalle aus Kompromissen auf kleinstem gemeinsamem Nenner geschrumpft.

Dieses Klimaschutzpaket hat Merkel dem UNO-Klimagipfel mit dem Ziel erläutert, Deutschland beim Klimaschutz als Vorreiter und Vorbild in Szene zu setzen. Obwohl UN-Generalsekretär Guterres einige freundliche Worte für Merkel und Deutschland fand, weil es einer der wenigen Staaten ist, die sich dem globalen Problem der Erderwärmung verbal und auch ein wenig konkret annehmen wollen, ist es nicht gelungen, Deutschland als Klima-Vorbild zu präsentieren, denn auch international ist man sich in der Beurteilung weitgehend einig, dass mit diesem zaghaften Ansatz die deutschen, die europäischen und die Ziele des Pariser Klimagipfels nicht zu erreichen sind. Und da hat es auch nicht geholfen, dass Merkel es wohl nützlich fand, sich einer sich wütend und mit nicht gerechtfertigten Beschuldigungen hysterisch gebärdenden „Greta“ anzubiedern. Denn wer anders als ihre Eltern haben Gretas Träume und ihre Kindheit gestohlen? Merkel behilft sich da mit einer ihrer Phrasen, wenn sie behauptet, sie habe den Weckruf der Jugend gehört.

Und warum sollten sich Realpolitiker anderer Nationen Deutschland in der Klimapolitik zum Vorbild nehmen, wo doch offensichtlich ist, dass die Vereinten Nationen in der wichtigen Frage des Klimaschutzes höchst uneinig sind. Da bringt es Entwicklungsminister Müller, CSU, auf den Punkt, wenn er darauf hinweist, dass sich derzeit in Afrika 950 neue Kohlekraftwerke in Planung oder bereits im Bau befinden und sich der Klimawandel auch deswegen in Afrika entscheide. Und in dem Zusammenhang darf auch nicht vergessen werden, dass China mit dem Projekt „Neue Seidenstraße“ den Bau von bis zu 300 Kohlekraftwerken bauen oder subventionieren will. Und die Vereinten Nationen sind mit einem solchen Klimagipfel nicht in der Lage, die doch sehr unterschiedlichen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen auszugleichen und anzunähern, um das globale gemeinsame Problem der Erderwärmung einer globalen gemeinsamen Lösung zuzuführen. Dieser der UN-Generalversammlung vorgeschaltete UN-Klima-Gipfel hat nichts Wichtiges erbracht, die Vereinten Nationen zeigen sich in der Klimafrage sehr wenig vereint!

Und auch im Hinblick auf die Inszenierung des „Klima-Vorbilds Deutschland“ war der Gipfel eine Pleite. Das lag aber nicht nur an dem erkennbar unzureichend wirkungsvollen deutschen Maßnahmenpaket. Deutschland hat in Europa und international an Reputation und Vertrauen verloren! Das gilt für die Außen- und Sicherheitspolitik, wo sich derzeit der Ruf Deutschlands als „Trittbrettfahrer“ verfestigt. Das gilt aber auch für die deutsche Energiepolitik, die natürlich mit der Klimapolitik eng verbunden ist. Kanzlerin Merkel hat nach Fukushima durch den überhasteten, in der EU nicht abgestimmten, Atomausstieg und mit der konzeptions- und planlos eingeleiteten Energiewende erheblichen Schaden für die Volkswirtschaft und Klimabilanz Deutschlands angerichtet. Und der damalige Umweltminister Röttgen erklärte doch tatsächlich dazu ziemlich großspurig, mit der Energiewende wollte „Deutschland Vorbild für die ganze Welt“ sein. Dabei haben unsere Nachbarn und Handelspartner von der größten Wirtschaftsmacht der europäischen Union doch sicher erwartet, dass wir in grundsätzlichen Fragen, die die Zukunft Europas beeinflussen, eine abgestimmte und an der Zukunft Europas orientierte planvolle Politik machten. Aber anstatt zusammen mit den Partnern und Nachbarn die zukünftige Nutzung der unterschiedlichen Energieträger abzustimmen, handelte die deutsche Politik im Zusammenhang mit der Energiewende eher egozentrisch sowie vorwiegend partei- und innenpolitisch orientiert.

Statt Deutschland zum „Vorbild“ zu nehmen, schlug sich die „ganze Welt“ eher auf die Schenkel, die Champagner-Korken knallten, denn die größte Wirtschaftsmacht Europas begann, sich in mehrfacher Hinsicht selbst abzuschaffen und das war doch Grund zur Feier für schadenfreudige Nachbarn und Neider. Deutsche Stimmungsdemokraten, Wutbürger und Angst-Menschen interessiert so etwas aber wenig, ihnen ist das geringstmögliche Restrisiko für ihren kleinen, niedlichen Gartenzwerg wichtig. Das „Vorbild“ wirkt so eher lächerlich!

Der Atomausstieg ist besiegelt, soll bis 2022 geleistet sein und ist wohl leider unumkehrbar. Es gibt aber keinen verbindlichen und tragfähigen Plan, wie denn das Umschalten auf die Nutzung regenerierbarer Energien bis 2022 verlässlich geleistet werden kann. Es gibt immer noch keine klaren Vorstellungen, wie, wo und wie schnell die erforderliche Speicherkapazität geschaffen werden kann, um eine dauerhafte, verlässliche Energieversorgung zu gewährleisten. Es gibt kaum Fortschritt im Bau der 1800 Kilometer Höchstspannungsleitungen, aber weiter massiven Druck von Bürgerinitiativen, die eine Umweltverschandelung durch diese Trassen in ihrer Umgebung nicht zulassen und unterirdische Kabel wollen. Wir müssen uns auf Stromdefizite und Versorgungsengpässe einstellen, die nur durch „gefährlichen Atomstrom“ aus Frankreich, „schmutzigen und umweltschädlichen Kohlestrom“ aus Polen und von weiteren europäischen Anbietern zu decken sind. Solche „ausländischen Reservekraftwerke werden jedoch in Zukunft nicht mehr im bisherigen Umfang zur Verfügung stehen, weil in vielen Nachbarländern wegen der sehr viel günstigeren Strompreise als in Deutschland vielfach elektrisch geheizt wird. In kalten Jahreszeiten wird es daher voraussichtlich sehr eng und Deutschland wird Mühe haben, auf der Grundlage der Kohleausstiegspläne die Energieversorgungssicherheit für die Bürger und die Wirtschaft zu gewährleisten – und das wird auch nicht klimaschonend gehen! Die klimaverträglichste Problemlösung wäre das am Bedarf orientierte Hinausschieben des deutschen Atomausstieges. Zu einer solchen Korrektur gravierender politischer Fehler fehlt aber den derzeit agierenden Politikern – allen voran Merkel – der Mut und die Größe!

Friedrich Merz meint dazu im SPIEGEL, wir müssten uns fragen, „warum wir nach 14 Jahren Klimakanzlerin unsere Klimaziele verfehlen, Haushalte und Unternehmen mit den höchsten Strompreisen Europas belasten und zugleich die strategische und kulturelle Kontrolle über das Thema verloren haben.“

In der Klimapolitik hat sich Deutschland erneut mit unserer wichtigsten politischen Gemeinschaft, der Europäischen Union, sehr unzureichend abgestimmt. Wie wollen wir dann mit unserem einen Prozent Anteil an der Weltbevölkerung das globale Klimaproblem signifikant positiv beeinflussen? In Sibirien brennen seit Monaten Wälder, Grasflächen sowie Moore und die Brandrodung im Amazonasgebiet geht weiter!

(24.09.2019)

 

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